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Biketest 2020:
7 edle Allzweckwaffen

Text: Thomas Werz, Christian Penning | Foto: Christian Penning
17.09.2020

Sieben schnell Allrounder im Praxistest

Ein Bike für alle Fälle? Wir haben im Bike Kingdom Lenzerheide sieben hochkarätige Trail- und Enduro-Bikes einem Multifunktionstest unterzogen. Die Ergebnisse der Tausendsassas mit und ohne E-Antrieb können sich sehen lassen..
Ein Königreich für ein Bike, mit dem man so ziemlich alles anstellen kann, worauf man gerade Lust hat! Ein frommer Wunsch, wenn man zwischen den Extremen pendelt. Wer mit Nino Schurter auf den Cross-Country-Trails um die Wette heizen möchte und mit dem gleichen Untersatz Downhill-Weltmeister Loïc Bruni jagen will, wird sich mit nur einem Bike schwertun. Doch für alle anderen, die in erster Linie Spass auf einer Tour, auf Singletrails oder im Bikepark haben wollen, ist dieser Traum längst keine Utopie mehr. Die Entwickler der Bikeschmieden trimmen ihre Trail- und Enduro-Bikes von Jahr zu Jahr mehr auf Vielseitigkeit.

Gesucht: Bikes für jedes Abenteuer

Für diesen Test haben wir uns sieben Top-Allrounder geschnappt, mit denen sich auf einen Streich so ziemlich alle Bike-Abenteuer abdecken lassen, die man sich in einer Saison vorstellen kann. Um diese Kronjuwelen näher zu inspizieren, wählten wir als Frischluftlabor das weltmeisterschaftserprobte Bike Kingdom Lenzerheide. Auf Tourentrails, flowigen Bikepark-Lines und profi-bewährten Cross-Country- und Downhill-Strecken sollten die Testkandidaten zeigen, was in ihnen steckt. Mit von der Partie: die fünf Enduro- und Trail-Bikes Bold Unplugged Vol. 2, Orbea Rallon M-LTD, Pivot Switchblade, Trek Remedy 9.9 und Scott Genius 900 Tuned AXS. Dazu zwei E-Mountainbikes: das Bergstrom AXV 869 und das mit Spannung erwartete Santa Cruz Heckler.
SCHNELLE RICHTUNGSWECHSEL
Auf der Strecke zeigt sich, welches Bikes sich agil um die Kurven bewegen lässt – und welches eine direkte Line bewvorzugt.
Foto: Christian Penning
Biketest 2020:  7 edle Allzweckwaffen
SCHNELLE RICHTUNGSWECHSEL
Auf der Strecke zeigt sich, welches Bikes sich agil um die Kurven bewegen lässt – und welches eine direkte Line bewvorzugt.

Transalp-Tour bis Bikepark

Selten sah man die Born Testcrew so gut gelaunt wie bei diesem Test. Das lag nicht nur am sonnigen Wetter über den Bündner Gipfeln, sondern auch an der Qualität und dem Potenzial der Bikes. Das Experimentieren der Hersteller mit Lenk- und Sitzwinkel, mit Reach und Vorbaulängen hat sich in den vergangenen Jahren ausgezahlt. Durch die Bank warten die getesteten Bikes mit Geometrien auf, die eine komfortable Sitzposition, ein sicheres Fahrgefühl im Downhill und eine gute Kraftübertragung auf Anstiegen in sich vereinen. Das darf man ruhig auch erwarten, denn wer sein Konto für ein solches Velo um 6000 bis 10‘000 Franken oder sogar mehr erleichtert, ist nicht unbedingt scharf darauf, gleich noch einmal ähnliche Beträge für ein Zweit- oder Drittbike hinzublättern.

Zumindest scheint es so, als hätten die die Hersteller das verstanden. Damit sorgen die modernen Allrounder für eine neue Interpretation und Renaissance von Fahrspass. Mit einem Trailbike in den Bikepark? Noch vor wenigen Jahren kam das eher einem Martyrium gleich. Doch mittlerweile machen vor allem auf langhubigeren Kandidaten Runs im Park richtig Laune – vorausgesetzt, man hämmert nicht radikal von früh bis spät über härteste Felspassagen und sucht den Thrill nicht ausschliesslich an mehrere Meter hohen Drops. Harte Strecken und Sprünge sind das Terrain des Race-Enduros Orbea Rallon M-LTD, das sich auch bergauf beachtlich schlägt. Die vielseitigeren Modelle Pivot Switchblade PRO XT/XTR, das Trek Remedy 9.9, das Bold Unplugged Vol. 2 und das Scott Genius 900 Tuned AXS decken von der entspannten Feierabendrunde und langen alpinen Touren bis zu Ausflügen in den Park einen grossen Spielbereich ab – vorausgesetzt, man geht den einen oder anderen kleinen Kompromiss ein.

Geometrie: Der goldene Mittelweg

Apropos Kompromisse: Ein etwas steilerer Lenkwinkel, etwas weniger Laufruhe, eine hohe Wendigkeit und eine recht aufrechte, entspannte Sitzposition mögen für abfahrtsorientierte Fahrer keine perfekte Geometrie-Kombination sein, um mit Vollgas heftigste Trails hinabzuhämmern. Weniger radikale Biker mit einer gemässigteren Fahrweise, die technisches Gelände nicht nur auf der Race-Line nehmen, kommen mit solchen Geometrien dagegen besser zurecht, da sie beim Fahren weniger Körpereinsatz erfordern. Vor allem E-Mountainbiker sind in der Mehrzahl nicht unbedingt darauf aus, die härtesten Trails zu bewältigen. Für viele steht das genussvolle Erlebnis im Vordergrund. Wie gut ein Bike ist, ist also auch immer eine Frage des persönlichen Blickwinkels. Auch in dieser Hinsicht scheint sich Vielseitigkeit durchzusetzen: mit Geometrien, die einen breiten Einsatzbereich abdecken. Die Lenkwinkel der getesteten Bikes liegen alle um die 65 Grad, mit Abweichungen von maximal einem Grad. Und auch die Sitzwinkel unterscheiden sich – mit Ausnahme des Bold Unplugged Vol. 2 – nicht massiv.
Vielseitigkeit ist Trumpf: Die sieben Bikes im test überzeugen mit Fahrspass – bergauf wie bergab.
DIE WOLLEN NUR SPIELEN
Locker abziehen an jedem Hinderniss - für die Bikes in diesem Test ein Kinderspiel.
Biketest 2020:  7 edle Allzweckwaffen
DIE WOLLEN NUR SPIELEN
Locker abziehen an jedem Hinderniss - für die Bikes in diesem Test ein Kinderspiel.
MIT DRUCK BERGAUF
Die Testbikes mussten auch im Uphill ziegen, was sie können.
Biketest 2020:  7 edle Allzweckwaffen
MIT DRUCK BERGAUF
Die Testbikes mussten auch im Uphill ziegen, was sie können.
Dennoch gibt es spürbare Unterschiede in den Fahreigenschaften. Neben den verbauten Federelementen und den teils recht unterschiedlich bestückten Lenkzentralen liegt das am Radstand und der Kettenstrebenlänge. Fast drei Zentimeter Unterschied gibt es bei den beiden E-MTB-Modellen Bergstrom AXV 869 (472 mm) und Santa Cruz Heckler (445 mm). Das Santa Cruz gibt sich hier deutlich quirliger. Wer mit welchem Bike glücklich wird, hängt nicht zuletzt vom Fahrstil und dem persönlichen Einsatz ab. Ein auf langen Touren mit dem E-Bike viel entscheidenderer Punkt ist die Akkuleistung – und die ist beim AXV um fast 20 Prozent höher. Doch neben allen Fahreindrücken und technischen Daten ist die Wahl der Bikes für die meisten auch eine Frage des Geldes: Und hier ist das Heckler fast doppelt so teuer wie das ATV 869.

Fazit

Unterm Strich zeigt sich: Im Mittel- und hochpreisigen Segment kann man getrost darauf vertrauen, gut funktionierende Velos zu bekommen – egal, ob mit reinem Muskelantrieb oder mit Elektro-Unterstützung. Eine Testfahrt beim Händler lohnt sich trotzdem. Denn nicht nur die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, auch die Bikes fallen trotz einheitlicher Grössenangaben teils recht unterschiedlich gross aus. Und die passende Grösse ist im Zweifel wichtiger als das eine oder andere Quäntchen Unterschied an den Komponenten oder am Fahrwerk.
SEE IN SICHT
In Lenzerheide hatte die BORN-Testcrew die Qual der Wahl: zwischen Singletrails am Scalottas oder den Bikepark-Strecken am Rothorn.
Biketest 2020:  7 edle Allzweckwaffen
SEE IN SICHT
In Lenzerheide hatte die BORN-Testcrew die Qual der Wahl: zwischen Singletrails am Scalottas oder den Bikepark-Strecken am Rothorn.

So hat BORN getestet

Um den Charakter jedes Bikes möglichst detailliert herauszuarbeiten, testeten wir die Bikes auf alpinen Trails, auf der Cross-Country-Strecke und im Bikepark Lenzerheide. Auf dem Programm standen flowige Passagen und knackige Uphill-Sektionen ebenso wie ruppige Downhills, die die Fahrwerke ans Limit bringen. Dabei wechselten Fels- und Waldboden, auch Wurzel-Trails gehörten zum Testprogramm. Jeder Tester hielt seine Eindrücke in einem Testbogen schriftlich fest. Nach Testende wurden die Ergebnisse in der Testerrunde diskutiert und analysiert. Im Mittelpunkt stand weniger der Vergleich der Bikemodelle, als vielmehr eine möglichst treffende individuelle Analyse der Fahreigenschaften jedes Bikes. Das vierköpfige BORN-Testteam bestand aus unterschiedlichen Fahrertypen (Bike-Guides, Enduro-Racer, Tourenfahrer).

Basislager Bike Kingdom

Der Test wurde in Kooperation mit dem Bike Kingdom Lenzerheide durchgeführt. Basislager war das Bike- und Sporthotel Revier Mountain Lodge Lenzerheide direkt an der Talstation der Rothorn Gondelbahn. Die Weltcup- und WM-erprobten Strecken boten ideale Testbedingungen. Neben Lenzerheide zählen die Regionen Arosa, Chur und Churwalden zum Bike Kingdom. Die Test-Runs fanden im Bikepark Rothorn (Red Peak), auf der Weltcup-Cross-Country-Strecke und auf den mit zwei Sesselliften erschlossenen Trails am Piz Scarlottas (Western Summits) statt. Am Piz Scarlottas mäandert ab der June Hütte ein mal sehr flowiger, mal etwas ruppiger Singletrail die hochalpinen Hänge hinab zur Alp Fops und weiter zur Alp Nova. Weitere Trails sind in Bau. Auf der Rothorn-Seite entsteht ab dem Parpaner Weisshorn ein neuer Trail bis zur Mottahütte. Seit Juli ist auch die Sesselbahn Weisshornspeed für Biker in Betrieb, was die Bike-Möglichkeiten noch erweitert – quasi ein zusätzlicher Zacken in der Krone im Bike Kingdom.

Lenzerheide Infos

Mehr über Trails, Touren, Shuttles, Lifte, Guides, aktuelle Streckenbedingungen, Wetter und vieles mehr gibt es auf der
Bike Kingdom App für Smartphones oder auf der Website
bikekingdom.ch
arosalenzerheide.swiss
Foto: Christian Penning
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