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Schweizer Velo
Kooperation statt Konkurrenz

Text: Martin Platter
27.04.2022
Mit Komenda und Tour de Suisse Rad haben sich zwei traditionsreiche Ostschweizer Familienunternehmen zusammengetan und werben mit dem Label «Schweizer Velo» für die einheimische Veloproduktion, Garantieverlängerung und ausgesuchte Dienstleistungen.
Ihr habt euch vielleicht gefragt: Was machen Komenda und Tour de Suisse Rad im gleichen Projekt? Das sind doch Konkurrenten. Wir sind jedoch überzeugt, dass uns die Partnerschaft weiterbringen wird». Mit diesem Statement begrüsste Tour-de-Suisse-Rad-Inhaber Reto Meyer die rund 100 ausgesuchten Fahrradfachhändler, die der Einladung zur Vorstellung des Labels «Schweizer Velo» gefolgt waren. Auf dem Programm standen Rundgänge durch die Produktionsstätten von Komenda und Tour de Suisse sowie Referate zur Gründung und dem Leistungsumfang des Projektes «Schweizer Velo».
Schweizer Velo Kooperation statt Konkurrenz
Von Dirk Kurek, Mitinhaber der Komenda, war zu erfahren, dass sich Schweizer Velohersteller mit kostenintensiven Umwälzungen konfrontiert sehen. Immer mehr Mitbewerber und Investoren drücken in den Schweizer Markt. Auch der Internethandel hat, befeuert durch die Corona-Krise, an Bedeutung gewonnen. Meyer erinnert die heutige Marktsituation mit dem boomenden E-Bike-Markt an die Umwälzungen Ende der 1980er. Damals löste das Mountainbike grosse Verwerfungen im Schweizer Fahrradmarkt aus, die zahlreichen alteingesessenen Velofirmen zum Verhängnis wurden.
Schweizer Velo Kooperation statt Konkurrenz
Das Label «Schweizer Velo» steht im Velobau für eine hohe Rate an Wertschöpfung in der Schweiz selbst.
Eine klare Abgrenzung ist für Schweizer Velohersteller deshalb unumgänglich. Wie diese erreicht werden kann, ergab sich aus der Beratung mit der schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, Innosuisse, und der Fachhochschule Ost. Der dort ansässige Samuel Böhni vom Institut für Innovation, Design und Engineering hatte die Projektleitung inne. Die Partnerschaft zwischen Komenda und Tour de Suisse Rad entstand aus der Arbeit heraus. Beide Familienunternehmen haben eine lange Tradition als Fahrradbauer und montieren heute individualisiert nach Kundenwunsch. Entsprechend ähnlich sind auch die Herausforderungen. Wie bisher will man sich über die Qualität und die Individualität der Produkte von der Konkurrenz abheben. Zusätzlich sollen aber Synergien genutzt werden, die sich aus der Digitalisierung ergeben.
Um den Nachhaltigkeitsgedanken zu unterstreichen, ist mit dem Label «Schweizer Velo» eine Verdoppelung der Herstellergarantie auf vier Jahre (auf Rahmen sogar fünf Jahre) verbunden. Die Velovignette soll bei einem Diebstahl die Rückführung erleichtern. Einzige Bedingung: Das Fahrrad muss nach dem Kauf innerhalb eines Monats beim Hersteller registriert werden. Gegen Aufpreis ist zudem ein umfangreiches Servicepaket mit erweitertem Versicherungsschutz und einer Mobilitätsgarantie erhältlich, das jährlich CHF 119.90 kostet.

Angesichts der steigenden Komplexität von Angebot und Technik spielt der Fachhandel eine zentrale Rolle bei «Schweizer Velo». Letztlich ist es dessen Kompetenz, die im Verkauf und in der Werkstatt über Sein oder Nichtsein einer Marke entscheidet.  
Schweizer Velo Kooperation statt Konkurrenz
Komenda und Tour de Suisse Rad haben eine lange Tradition als Fahrradbauer und montieren individualisiert nach Kundenwunsch.
Interview mit den Machern von «Schweizer Velo»

«Wir starteten das Projekt nicht mit der Idee, ein Label zu entwickeln»

Schweizer Velo Kooperation statt Konkurrenz
Samuel Böhni, Alexandra Komenda, Reto Meyer
Alexandra Komenda, wieso «Schweizer Velo» und nicht einfach «Swiss Made»?
Alexandra Komenda: Mit der Änderung des Bundesgesetzes zum Schutz von Marken und Herkunftsangaben von 2017, das vorschreibt, dass mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen müssen, kann das Label «Swiss Made» praktisch nicht mehr verwendet werden. Denn Rahmen und Anbauteile unserer Velos und E-Bikes werden importiert. Deshalb haben wir nach einer anderen Lösung gesucht, um der Kundschaft die Wertschöpfung in der Schweiz und damit verbunden die Nachhaltigkeit unserer Produkte, Services und unseres Handelns aufzuzeigen.

Wie hoch ist die Schweizer Wertschöpfung bei euren Velos und E-Bikes?

Reto Meyer: Wir haben das im Jahr 2020 für Velos und E-Bikes durchgerechnet, bei denen das Gros des Materials nicht aus schweizerischer Produktion stammt. Dabei sind wir auf bis zu 30 bis 35 Prozent Schweizer Wertschöpfung gekommen.  

Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Komenda und Tour de Suisse Rad entstanden?
Alexandra Komenda: Aus der Arbeit heraus. Denn Tour de Suisse Rad hat bezüglich Swiss Made das gleiche Problem wie wir bei Komenda. Begonnen hat es mit rechtlichen und strategischen Abklärungen, bei denen mein Mann, Dirk Kurek, auch Reto Meyer und Samuel Böhni von der Fachhochschule Ost sowie Innosuisse, die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung, beigezogen hat. So ist die Zusammenarbeit entstanden. 

Wie ist die Idee zum Label entstanden? 
Samuel Böhni: Wir starteten nicht mit der Idee, ein Label zu entwickeln. Vielmehr überlegten wir uns, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Endkunden, Fachhändlern und Herstellern im digitalen Umfeld optimieren lässt. Dabei ist die Idee der Zusammenarbeit und letztlich die des Labels entstanden. Mit dem Label «Schweizer Velo» lassen sich diverse Werte transportieren, die bei «Swiss Made» fehlen, wie zum Beispiel die Nachhaltigkeit oder die umfangreichen Garantie-, Versicherungs- und Serviceleistungen.

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