auf spurensuche
Welcher Biker sehnt sich nicht danach – nach dem perfekten Trail? Doch wo findet man ihn?
Vor der Haustür? Im Himalaya? Oder ist er gar ein Mythos? Zur Klärung der Fragen haben
wir uns ans Hinterrad von Bikeabenteurer Harald Philipp geheftet.
Vor der Haustür? Im Himalaya? Oder ist er gar ein Mythos? Zur Klärung der Fragen haben
wir uns ans Hinterrad von Bikeabenteurer Harald Philipp geheftet.
Jeder träumt davon. Manche wollen darauf schon ihre Spuren hinterlassen haben – auf dem perfekten Trail. Geschichten, die sich darum ranken, ähneln bisweilen den Legenden von der Suche nach dem Heiligen Gral: mythisch, magisch, geheimnisvoll. Immer wieder macht in Biker-Kreisen der Begriff vom «Holy Trail» die Runde. Wo liegt er? In einem geheimnisumwitterten Eldorado am Ende der Welt? Oder gleich um die Ecke? Einer, der es wissen sollte, ist Harald Philipp, Bikebergsteiger, Extrembiker und Bikeabenteurer. Seit zwei Jahrzehnten ist er auf der Suche nach spannenden Wegen.
Christian Penning
Kleine Alltagsfluchten zum Abschalten: Auch Micro-Adventures wie Haralds Haustrails auf der Nordkette bieten grosse Erlebnisse.
Doch wann wird ein Weg zum Holy Trail geadelt? Braucht es Super-Flow und 150 perfekt gezirkelte Anliegerkurven? Sollte er extrem verblockt und verwurzelt sein? Oder ein hochalpiner Pfad mit schwindelerregenden Abgründen? Mit einem Panorama mit zauberhaften Blicken direkt ins Paradies? Oder am besten alles zusammen? Harald Philipp entlocken solche Diskussionen nicht viel mehr als ein skeptisches Lächeln. Sein halbes Leben hat der 35-Jährige auf dem Mountainbike verbracht, hat im Sattel fremde Kontinente erkundet und alpine Trails befahren, auf denen selbst trittsicheren Wanderern und Bergsteigern schwindelig wird. Er ist mittlerweile überzeugt: «Was unser persönlicher Holy Trail ist, verändert sich: mit unserem Können, mit unserer Stimmung, mit unseren Träumen. Genauso wie unser Lebensweg.» So ein heiliges Weglein sei viel mehr als nur eine von flowigen Lines durchzogene Instagram-Kulisse, in die man sich über einen Kicker katapultiert, in Schräglage durch eine Steilkurve heizt oder davor mit erhobenem Daumen posiert. «Der Anspruch, dies oder das gesehen haben zu müssen, diesen oder jenen Trail gefahren sein zu müssen, ist eigentlich der falsche», überlegt er. «Was einen Trail einzigartig macht, sind doch die Abenteuer, die damit verbunden sind. Es geht darum, sich bewusst Situationen auszusetzen, die echte Abenteuer ermöglichen.» Damit meint er den nicht kommerziell buchbaren Thrill. Harald geht es um die kleinen, unvorhersehbaren Begebenheiten am Rande. «Die Planung der Touren ist ein grobes Skelett, das Fleisch herum entsteht unterwegs. Wenn ich losziehe, mache ich das oft nach dem Grundsatz, dass ich nicht weiss, wohin mich das führt.»
«Alte Pfade sind ein Stück Kultur – da waren die
Michelangelos des Wegebaus unterwegs.»
Michelangelos des Wegebaus unterwegs.»
In Short
Lieblingsberg
der, auf dem ich gerade stehe
Lieblingstrail
immer der nächste
Wenn nicht auf dem Bike, dann …
auf Skitour
Liebster Energielieferant
die Schwerkraft
Lebensmotto
alles fahrbar
Schönstes Outdoor-Erlebnis
immer das letzte
Sehnsuchtsort
die Seealpen
Reisen bedeutet für mich...
leben
Alter
35
Wohnort
Innsbruck
(eigentlicher) Beruf
Geschichtenerzähler
Biker seit
1997
der, auf dem ich gerade stehe
Lieblingstrail
immer der nächste
Wenn nicht auf dem Bike, dann …
auf Skitour
Liebster Energielieferant
die Schwerkraft
Lebensmotto
alles fahrbar
Schönstes Outdoor-Erlebnis
immer das letzte
Sehnsuchtsort
die Seealpen
Reisen bedeutet für mich...
leben
Alter
35
Wohnort
Innsbruck
(eigentlicher) Beruf
Geschichtenerzähler
Biker seit
1997
Christian Penning
Spurensuche in den Südalpen
Der Ort, an dem Harald am besten über solche Dinge philosophieren kann, liegt in einem einsamen Tal in den Ligurischen Alpen, im Hinterland von Imperia. Der Weg dorthin führt durch eine tiefe Schlucht. Hoch oben auf einem Felsen thronen alte, grob gemauerte Steinhäuser. Wie Burgen. Ein wenig düster. Verwittert. Wie geschaffen für eine Neuverfilmung von Umberto Ecos «Der Name der Rose». In der Ferne bimmeln hell die Glocken einer Schafherde. Liesse sich Entschleunigung geografisch festmachen, läge hier ihr Nabel, ihre Keimzelle. Kein Internet, kein Supermarkt. Keine Termine. Aber viel Zeit. Zeit zum Nachdenken.
Und zum Biken. Eines dieser alten Steinhäuschen hat Harald vor ein paar Jahren gekauft. Neben seiner Wahlheimat Innsbruck hat sich der gebürtige Deutsche hier ein entrücktes Sommerdomizil geschaffen. Der Übergang zwischen seinem Grundstück und der Wildnis ist fliessend. Hinter einer kleinen Kuppe tun sich weite Hänge auf. Lichte Wälder, Bergwiesen, durchzogen von klippenartigen Felsriegeln. Mittendrin mäandern einladende Trails.
Und zum Biken. Eines dieser alten Steinhäuschen hat Harald vor ein paar Jahren gekauft. Neben seiner Wahlheimat Innsbruck hat sich der gebürtige Deutsche hier ein entrücktes Sommerdomizil geschaffen. Der Übergang zwischen seinem Grundstück und der Wildnis ist fliessend. Hinter einer kleinen Kuppe tun sich weite Hänge auf. Lichte Wälder, Bergwiesen, durchzogen von klippenartigen Felsriegeln. Mittendrin mäandern einladende Trails.
Christian Penning
Neues schaffen und Altes kultivieren: Harald Philipp beim Trailbau in seiner Teilzeit-Heimat in den italienischen Südalpen.
Christian Penning
Abenteuer vor der Haustür: Biketour mit Biwak im Tiroler Stubaital.
«Was einen Trail einzigartig macht? Die abenteuer, die damit verbunden sind.»
Sind das deine ganz persönlichen Holy Trails?
Jedenfalls haben sie für mich eine besondere Bedeutung. Alles eigene Handarbeit. Hier kann ich ohne grosse Diskussionen meine Trails schaufeln, Kreativität ausleben und Ideen verwirklichen. Das mag egoistisch klingen, aber ich erfreue damit sogar die wenigen Einheimischen, die noch in den umliegenden Bergdörfern wohnen. Die haben richtig Spass daran, wenn ich Wege freilege, die schon halb vergessen sind. Bis in die 50er-Jahre haben die Bauern hier als Selbstversorger gelebt. Das dort unten war einst ein bedeutender Handelsweg von Ligurien ins Piemont.
Klingt ja fast nach einem Kulturprojekt?
Du verlässt mit dem Mountainbike nie ganz die Sphären menschlicher Zivilisation und Kultur. Schliesslich bewegen wir uns auf Wegen. Du kommst immer wieder mit Menschen in Kontakt, die entlang dieser Wege wohnen, arbeiten und auf ihnen unterwegs sind. Wege sind nicht nur ein Angebot touristischer Infrastruktur, nicht nur Bühne eines sportlichen Action-Programms. Bisweilen denke ich, da waren die Michel-angelos des Wegebaus unterwegs. Die haben Pfade gebaut, die Jahrhunderte überdauern. Kultur, das ist viel mehr als nur historische Kirchen und Museen.
Der Trail als Brücke zwischen Natur und Kultur?
Genau! Dort, wo die Natur der Kultur Hindernisse entgegenstellt, entstehen die spannendsten Wege. Die Wege in den Seealpen, die für Esel angelegt wurden, die genauso sperrig sind wie ein Bike, machen mehr Spass als die steilen Jägersteige in den Nordalpen. Kein Wunder, Esel sind genauso schnell gelangweilt wie ein Biker.
Immer wieder gibt es Vorwürfe, Biker würden Wege zerstören.
Das mag in dem einen oder anderen Fall zutreffen. Ich sehe es differenzierter. Der Weg ist ja ohnehin schon eine hinterlassene Spur, etwas Menschliches. Wenn man lernt, Wege zu schätzen, wird man sie auch nicht zerstören. Viele Wege offenbaren kleine Geschichtslektionen, die du so ganz nebenbei auf dem Trail mitbekommst.
Jedenfalls haben sie für mich eine besondere Bedeutung. Alles eigene Handarbeit. Hier kann ich ohne grosse Diskussionen meine Trails schaufeln, Kreativität ausleben und Ideen verwirklichen. Das mag egoistisch klingen, aber ich erfreue damit sogar die wenigen Einheimischen, die noch in den umliegenden Bergdörfern wohnen. Die haben richtig Spass daran, wenn ich Wege freilege, die schon halb vergessen sind. Bis in die 50er-Jahre haben die Bauern hier als Selbstversorger gelebt. Das dort unten war einst ein bedeutender Handelsweg von Ligurien ins Piemont.
Klingt ja fast nach einem Kulturprojekt?
Du verlässt mit dem Mountainbike nie ganz die Sphären menschlicher Zivilisation und Kultur. Schliesslich bewegen wir uns auf Wegen. Du kommst immer wieder mit Menschen in Kontakt, die entlang dieser Wege wohnen, arbeiten und auf ihnen unterwegs sind. Wege sind nicht nur ein Angebot touristischer Infrastruktur, nicht nur Bühne eines sportlichen Action-Programms. Bisweilen denke ich, da waren die Michel-angelos des Wegebaus unterwegs. Die haben Pfade gebaut, die Jahrhunderte überdauern. Kultur, das ist viel mehr als nur historische Kirchen und Museen.
Der Trail als Brücke zwischen Natur und Kultur?
Genau! Dort, wo die Natur der Kultur Hindernisse entgegenstellt, entstehen die spannendsten Wege. Die Wege in den Seealpen, die für Esel angelegt wurden, die genauso sperrig sind wie ein Bike, machen mehr Spass als die steilen Jägersteige in den Nordalpen. Kein Wunder, Esel sind genauso schnell gelangweilt wie ein Biker.
Immer wieder gibt es Vorwürfe, Biker würden Wege zerstören.
Das mag in dem einen oder anderen Fall zutreffen. Ich sehe es differenzierter. Der Weg ist ja ohnehin schon eine hinterlassene Spur, etwas Menschliches. Wenn man lernt, Wege zu schätzen, wird man sie auch nicht zerstören. Viele Wege offenbaren kleine Geschichtslektionen, die du so ganz nebenbei auf dem Trail mitbekommst.
Stefan Voitl
Traumtrails und Gebetsfahnen: Sehnsuchtsziel Himalaya
Stefan Voitl
– eine Region voller Überraschungen, manchmal ganz anders, als man denkt.
Von Vorträgen und Videos kennt man dich als Extrembiker, dem kaum eine Abfahrt zu steil, kein Abgrund zu tief ist? Haben sich mittlerweile deine Präferenzen geändert?
Meine Limits zu pushen, ging anfangs leicht von der Hand, aber ab einem gewissen Punkt hat es sich nicht mehr gut angefühlt. Die schönsten Momente waren die, in denen das «Schneller, Höher, Weiter ...» nicht die wichtigste Rolle gespielt hat. Gleichzeitig stellte ich mir die Frage, wo führen Projekte am Limit hin?
Wohin denn?
Ich habe meine eigenen Videos angesehen und mich ernsthaft gefragt: Willst du das eines Tages noch zwei Nummern krasser machen? Und wofür? Mir war klar: Ich würde mich konsequenterweise in Situationen bringen, die mich eines Tages das Leben kosten würden. Ich möchte nicht ausschliessen, dass ich auch in Zukunft noch verrückte Sachen auf dem Bike machen werde. Aber es ist nicht mehr mein Anspruch, mein Ziel.
Meine Limits zu pushen, ging anfangs leicht von der Hand, aber ab einem gewissen Punkt hat es sich nicht mehr gut angefühlt. Die schönsten Momente waren die, in denen das «Schneller, Höher, Weiter ...» nicht die wichtigste Rolle gespielt hat. Gleichzeitig stellte ich mir die Frage, wo führen Projekte am Limit hin?
Wohin denn?
Ich habe meine eigenen Videos angesehen und mich ernsthaft gefragt: Willst du das eines Tages noch zwei Nummern krasser machen? Und wofür? Mir war klar: Ich würde mich konsequenterweise in Situationen bringen, die mich eines Tages das Leben kosten würden. Ich möchte nicht ausschliessen, dass ich auch in Zukunft noch verrückte Sachen auf dem Bike machen werde. Aber es ist nicht mehr mein Anspruch, mein Ziel.
Frust und Lust im Himalaya
Seine neuen Ziele haben Harald in den vergangenen Jahren zweimal nach Nepal geführt. Sein erster Trip dorthin beginnt ernüchternd und endet frustrierend. Es ist Vormonsunzeit. Wie ein permanenter, sepia-getönter Nebelschleier hängt der Smog über dem südlichen Himalaya. Die Tristesse ändert sich auch in den Bergen nur wenig. Vorbei an trostlosen Wellblechhütten buckeln Harald und sein Begleiter Tom Öhler zusammen mit einem einheimischen Expeditionsteam ihre Bikes bis auf über 4000 Meter. Ohne ausreichende Akklimatisierung wird jeder Schritt zu einem körperlichen und mentalen Durchhaltetest. Hinzu kommen Magenprobleme. Und Trails, die ganz anders sind als erwartet.
Stefan Voitl
Traumbilder aus dem Himalaya, die für Philipp Harald doch noch zur Realit wurden: staubige Trails in karger, baumloser Berglandschaft mit gigantischen Bergriesen im Hintergrund.
«die wahren Abenteuer finden in
den Begegnungen mit Menschen statt.»
den Begegnungen mit Menschen statt.»
Für Bergsteiger ist der Himalaya die Krönung. Was hat dich als Biker gereizt, nach Nepal zu gehen?
Im Grunde war meine Motivation die gleiche wie die von Bergsteigern. Ich hatte in den Alpen viele entlegene Trails erkundet, die teils noch kein Biker unter die Räder genommen hatte. Jetzt suchte ich neue Herausforderungen. «Wenn schon Himalaya, dann richtig!», lautete meine Devise. Zusammen mit zwei einheimischen Guides und fünf Trägern wollten Tom und ich von Gosainkund im nepalesischen Langtang Nationalpark nach Kathmandu biken.
War das vergleichbar mit einem harten Alpencross?
Hinauf zum Laurebina Pass auf 4650 Meter mussten wir die Räder meist tragen. Danach geht es nur noch abwärts – dachte ich. Doch weit gefehlt! Die Tour glich einer zehntägigen Alpenüberquerung, bei der es genauso viel rauf wie runter geht – und fast alles nur über üble Steinstufen, grösstenteils unfahrbar. Der vermeintliche Traumtrip wurde zum Alptraum. Erst die letzten 400 Höhenmeter hinab nach Kathmandu waren flowig zu fahren. Ein schwacher Trost. Entsprechend desillusioniert stieg ich in den Flieger nach Hause.
Was war schiefgelaufen bei diesem Abenteuer?
Ich wollte biken, wo noch keiner zuvor war. Ich wollte das pure, wilde Nepal erleben. Im Grunde habe ich genau das bekommen. Doch meine Erwartungen waren die falschen. Ich hatte von majestätischen Bergriesen geträumt, von lachenden Kindern, Gebetsfahnen und flowigen Trails in klarer Höhenluft. Doch die Realität in der Region und zu dieser Jahreszeit war eine andere. All die ernüchternden Erfahrungen waren die Quittung für die Arroganz, mit der ich an mein Projekt Nepal herangegangen war. Ich dachte, ich könnte alles so machen wie zu Hause in den Alpen, alles wäre so wie dort, nur noch grösser, noch schöner. Erst hinterher begriff ich: Wir lassen uns durch die Bilder aus dem Internet zu oft verführen. Sie zeigen alles perfekt. Wir wollen es dann genau so erleben. Wäre ich ohne diese Bilder im Kopf losgezogen, hätte ich vielleicht alles ganz anders empfunden. Es ist viel schwieriger, Erfahrungen als interessant und bereichernd zu realisieren, wenn dahinter überhöhte oder falsche Erwartungen stehen.
Im Grunde war meine Motivation die gleiche wie die von Bergsteigern. Ich hatte in den Alpen viele entlegene Trails erkundet, die teils noch kein Biker unter die Räder genommen hatte. Jetzt suchte ich neue Herausforderungen. «Wenn schon Himalaya, dann richtig!», lautete meine Devise. Zusammen mit zwei einheimischen Guides und fünf Trägern wollten Tom und ich von Gosainkund im nepalesischen Langtang Nationalpark nach Kathmandu biken.
War das vergleichbar mit einem harten Alpencross?
Hinauf zum Laurebina Pass auf 4650 Meter mussten wir die Räder meist tragen. Danach geht es nur noch abwärts – dachte ich. Doch weit gefehlt! Die Tour glich einer zehntägigen Alpenüberquerung, bei der es genauso viel rauf wie runter geht – und fast alles nur über üble Steinstufen, grösstenteils unfahrbar. Der vermeintliche Traumtrip wurde zum Alptraum. Erst die letzten 400 Höhenmeter hinab nach Kathmandu waren flowig zu fahren. Ein schwacher Trost. Entsprechend desillusioniert stieg ich in den Flieger nach Hause.
Was war schiefgelaufen bei diesem Abenteuer?
Ich wollte biken, wo noch keiner zuvor war. Ich wollte das pure, wilde Nepal erleben. Im Grunde habe ich genau das bekommen. Doch meine Erwartungen waren die falschen. Ich hatte von majestätischen Bergriesen geträumt, von lachenden Kindern, Gebetsfahnen und flowigen Trails in klarer Höhenluft. Doch die Realität in der Region und zu dieser Jahreszeit war eine andere. All die ernüchternden Erfahrungen waren die Quittung für die Arroganz, mit der ich an mein Projekt Nepal herangegangen war. Ich dachte, ich könnte alles so machen wie zu Hause in den Alpen, alles wäre so wie dort, nur noch grösser, noch schöner. Erst hinterher begriff ich: Wir lassen uns durch die Bilder aus dem Internet zu oft verführen. Sie zeigen alles perfekt. Wir wollen es dann genau so erleben. Wäre ich ohne diese Bilder im Kopf losgezogen, hätte ich vielleicht alles ganz anders empfunden. Es ist viel schwieriger, Erfahrungen als interessant und bereichernd zu realisieren, wenn dahinter überhöhte oder falsche Erwartungen stehen.
Stefan Voitl
Stefan Voitl
Stefan Voitl
Höhenluft: Das pure, wilde Nepal erleben. Das Erkunden fremder Regionen erfordert Demut und unvoreingenommene Neugier. Denn die Erfahrungen aus den Alpen lassen sich nicht eins zu eins in andere Gebiete übertragen.
Trotzdem bist du anderthalb Jahre später wieder in den Himalaya aufgebrochen...
Ein erster Akklimatisierungstrip führte mich mit meinem Freund und Bike-Kumpel Martin Falkner in die Annapurna-Region. Und prompt wurden meine Traumbilder vom Himalaya Realität: staubige Trails in karger, baumloser Berglandschaft, im Hintergrund gigantische weisse Berge, im Tal einladende Dörfer, herzliche Menschen, grüne Reisterrassen und Klöster.
Was hast du daraus gelernt?
Es geht darum, offen zu sein, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Natürlich wirken grossartige Landschaften, ein perfekter Trail, ein idyllisches Dorf anziehend. Doch oft ist es gerade der Bruch mit diesen Idealen, der dann das Abenteuer ausmacht.
Wann hast du das realisiert?
Noch auf dieser Reise. Der zweite Teil der Reise führte uns in die Dolpo-Region. Die Siedlungen dort reichen bis auf 4300 Meter und zählen zu den höchstgelegenen, permanent bewohnten Gebieten der Welt. Von dort führen nur noch Eselspfade und Wanderwege weiter hinein in die Berge. Tagelang stiegen wir ein Tal hinauf – und hatten dennoch nie das Gefühl, wirklich oben anzukommen. Bisweilen kam ich mir vor wie ein alpiner Sisyphos. Doch diesmal verlor ich nicht den Mut. Denn ich hatte begriffen, dass die wahren Abenteuer solcher Reisen anderswo stattfinden: in den Begegnungen mit Menschen. Mit dem alten Mann, neben den ich mich setze und wortlos in sein wettergegerbtes Gesicht lächle, bis wir beide schmunzeln und das Gefühl haben, uns schon ewig zu kennen. Mit den johlenden Kindern, die uns kilometerweit hinterherlaufen, um sich schliesslich auf unsere Bikes zu schwingen. Und, und, und ...
War das für dich ein neuer Massstab, Mountainbiken zu messen und Abenteuer zu beurteilen?
Ganz genau! Wenn ich die Touren nur an Höhenmetern, Trail-Kilometern und meinem Adrenalinspiegel messen würde, könnte ich auch in den Alpen bleiben. Doch Dolpo war eine der beeindruckendsten Reisen meines Lebens. Dort ging es um mehr – um Erfahrungen fürs Leben.
Ein erster Akklimatisierungstrip führte mich mit meinem Freund und Bike-Kumpel Martin Falkner in die Annapurna-Region. Und prompt wurden meine Traumbilder vom Himalaya Realität: staubige Trails in karger, baumloser Berglandschaft, im Hintergrund gigantische weisse Berge, im Tal einladende Dörfer, herzliche Menschen, grüne Reisterrassen und Klöster.
Was hast du daraus gelernt?
Es geht darum, offen zu sein, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Natürlich wirken grossartige Landschaften, ein perfekter Trail, ein idyllisches Dorf anziehend. Doch oft ist es gerade der Bruch mit diesen Idealen, der dann das Abenteuer ausmacht.
Wann hast du das realisiert?
Noch auf dieser Reise. Der zweite Teil der Reise führte uns in die Dolpo-Region. Die Siedlungen dort reichen bis auf 4300 Meter und zählen zu den höchstgelegenen, permanent bewohnten Gebieten der Welt. Von dort führen nur noch Eselspfade und Wanderwege weiter hinein in die Berge. Tagelang stiegen wir ein Tal hinauf – und hatten dennoch nie das Gefühl, wirklich oben anzukommen. Bisweilen kam ich mir vor wie ein alpiner Sisyphos. Doch diesmal verlor ich nicht den Mut. Denn ich hatte begriffen, dass die wahren Abenteuer solcher Reisen anderswo stattfinden: in den Begegnungen mit Menschen. Mit dem alten Mann, neben den ich mich setze und wortlos in sein wettergegerbtes Gesicht lächle, bis wir beide schmunzeln und das Gefühl haben, uns schon ewig zu kennen. Mit den johlenden Kindern, die uns kilometerweit hinterherlaufen, um sich schliesslich auf unsere Bikes zu schwingen. Und, und, und ...
War das für dich ein neuer Massstab, Mountainbiken zu messen und Abenteuer zu beurteilen?
Ganz genau! Wenn ich die Touren nur an Höhenmetern, Trail-Kilometern und meinem Adrenalinspiegel messen würde, könnte ich auch in den Alpen bleiben. Doch Dolpo war eine der beeindruckendsten Reisen meines Lebens. Dort ging es um mehr – um Erfahrungen fürs Leben.
Stefan Voitl
«Natürlich wirken grossartige Landschaften, ein perfekter Trail, ein idyllisches Dorf anziehend. Doch oft ist es gerade der Bruch mit diesen Idealen, der dann das Abenteuer ausmacht.»
Ligurische Alpen - zurück in die Zukunft
Die vergangenen Wochen hat Harald Philipp wieder in seinem Bergdorf in den Ligurischen Alpen verbracht. Er hat am Häuschen gearbeitet. Er hat nicht nur Trails gebaut, sondern auch Beete für Gemüse und Salat angelegt. Bewusst und nachhaltig zu leben wird ihm immer wichtiger. Sein neues Abenteuer: Altes wiederentdecken und wiedererwecken. Dazu gehören vergessene Wege ebenso wie ursprüngliche Lebensformen. Dafür ist Harald viel im Sattel gesessen – und hat viel nachgedacht.
Wie ist das nun mit dem Holy Trail? Wo hast du ihn gefunden?
Für mich hat der Holy Trail nur bedingt mit der physischen Beschaffenheit und Existenz eines Pfades zu tun. Eine Erstbefahrung im Himalaya mag eine tolle Sache sein. Aber sie ist nichts, worauf man stolz sein müsste. Es geht doch in erster Linie um die persönliche Erfahrung. Genauso ist das auch mit anderen Wegen. Was dein ureigener Holy Trail ist, bestimmst du ganz alleine.
Was macht solche Entdeckungen aus?
Die Welt an sich ist entdeckt. Dennoch ist es unverändert wichtig, persönliche Entdeckungen zu machen. Externe Veränderungen bewirken immer auch neue Erfahrungen. Solch innere Reisen sind immer möglich und werden immer eine Bereicherung darstellen.
Der Holy Trail und das grosse Abenteuer sind also eine ganz individuelle Sache?
Klar, ich muss nicht für jedes Abenteuer um die Welt fliegen. Ich habe erkannt, dass das «Höher, Schneller, Weiter ...» nicht mein Ziel ist. Auch wird es künftig nicht mein Ziel sein, immer noch exotischere und abenteuerlichere Orte zum Biken aufzustöbern. Ich will mehr in die Tiefe gehen, in Details eintauchen. Mein Motto: «Sei einfach neugierig, egal, ob auf dem Bike oder sonst im Leben!» Dann wird jeder Tag zu einem Abenteuer. Wie sagte Pippi Langstrumpf? «Das habe ich noch nie gemacht, ich glaub’, ich kann das!»
Wie ist das nun mit dem Holy Trail? Wo hast du ihn gefunden?
Für mich hat der Holy Trail nur bedingt mit der physischen Beschaffenheit und Existenz eines Pfades zu tun. Eine Erstbefahrung im Himalaya mag eine tolle Sache sein. Aber sie ist nichts, worauf man stolz sein müsste. Es geht doch in erster Linie um die persönliche Erfahrung. Genauso ist das auch mit anderen Wegen. Was dein ureigener Holy Trail ist, bestimmst du ganz alleine.
Was macht solche Entdeckungen aus?
Die Welt an sich ist entdeckt. Dennoch ist es unverändert wichtig, persönliche Entdeckungen zu machen. Externe Veränderungen bewirken immer auch neue Erfahrungen. Solch innere Reisen sind immer möglich und werden immer eine Bereicherung darstellen.
Der Holy Trail und das grosse Abenteuer sind also eine ganz individuelle Sache?
Klar, ich muss nicht für jedes Abenteuer um die Welt fliegen. Ich habe erkannt, dass das «Höher, Schneller, Weiter ...» nicht mein Ziel ist. Auch wird es künftig nicht mein Ziel sein, immer noch exotischere und abenteuerlichere Orte zum Biken aufzustöbern. Ich will mehr in die Tiefe gehen, in Details eintauchen. Mein Motto: «Sei einfach neugierig, egal, ob auf dem Bike oder sonst im Leben!» Dann wird jeder Tag zu einem Abenteuer. Wie sagte Pippi Langstrumpf? «Das habe ich noch nie gemacht, ich glaub’, ich kann das!»
Christian Penning
«Die Welt an sich ist entdeckt. Dennoch ist es unverändert wichtig, persönliche Entdeckungen zu machen.»
Christian Penning
Lesestoff: Pfad-Finder
Lust auf noch mehr Trail-Abenteuer? Harald Philipp hat zusammen mit BORN Autor Christian Penning ein Buch über seine Bike- und Outdoor-Abenteuer in Nepal, Kamtschatka, Nordkorea und in den Alpen verfasst. Als «Pfad-Finder» geht es Harald weniger um den vordergründigen Adrenalin-Kick als um das Abenteuer Leben. Darum, Natur und Kulturen zu entdecken, sprichwörtlich zu erfahren, und nicht zuletzt auch sich selbst.
In der modernen, durchdigitalisierten Welt endloser Möglichkeiten spiegeln Harald Philipps Erlebnisse die Sehnsucht vieler Menschen wider: nach einem überschaubaren Leben, nach intensiven Naturerfahrungen und echter Freiheit. Neben packenden Erzählungen seiner Bikeabenteuer beleuchtet das Buch auf einer zweiten Erzählebene Haralds persönliche Veränderung. Es erzählt, wie ihm die Reisen helfen, neue Pfade im Leben einzuschlagen, und erklärt unterhaltend und informativ, wieso es wichtig ist, die ausgetretenen Wege des Alltags gelegentlich zu verlassen.
Im März 2020 gastiert Harald Philipp mit seinem Multimedia-Vortrag «Pfad-Finder» in der Schweiz.
Alle Termine unter:
summitride.com
Info
Delius Klasing Verlag
144 Seiten
120 Farbfotos
29,90 Euro
ISBN 978-3-667-10689-6
In der modernen, durchdigitalisierten Welt endloser Möglichkeiten spiegeln Harald Philipps Erlebnisse die Sehnsucht vieler Menschen wider: nach einem überschaubaren Leben, nach intensiven Naturerfahrungen und echter Freiheit. Neben packenden Erzählungen seiner Bikeabenteuer beleuchtet das Buch auf einer zweiten Erzählebene Haralds persönliche Veränderung. Es erzählt, wie ihm die Reisen helfen, neue Pfade im Leben einzuschlagen, und erklärt unterhaltend und informativ, wieso es wichtig ist, die ausgetretenen Wege des Alltags gelegentlich zu verlassen.
Im März 2020 gastiert Harald Philipp mit seinem Multimedia-Vortrag «Pfad-Finder» in der Schweiz.
Alle Termine unter:
summitride.com
Info
Delius Klasing Verlag
144 Seiten
120 Farbfotos
29,90 Euro
ISBN 978-3-667-10689-6