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Connectivity: E-MTB
Clever & smart

Text: Florian Storch
19.04.2022
Von der individuellen Anpassung der Motorcharakteristik über Routenplanung bis hin zum Aufspielen von Motor-Software-Updates: Die Smartphone-Konnektivität bietet E-Mountainbikern praktische Zusatzfunktionen mit dem Potenzial, den Erlebniswert und die Sicherheit einer Biketour zu steigern.
Konnektivität? Dieser etwas kantige Begriff steht – gemünzt aufs E-MTB – für das Konzept von Bike- wie E-Antriebsherstellern, E-MTBs per Bluetooth-Verbindung mit dem Smartphone zu koppeln. Die diversen Apps der Hersteller vernetzen dann Bike wie Fahrer mit der digitalen Welt. Dem Fahrer erschliesst sich so ein Potpourri an digitalen Zusatzfunktionen. Damit lässt sich das E-MTB noch umfangreicher auf die individuellen Bedürfnisse abstimmen – glaubt man den Herstellern, lässt sich so das Fahrerlebnis merklich intensivieren.
Connectivity: E-MTB Clever & smart
Connectivity: E-MTB Clever & smart
Boschs smartes Antriebssystem umfasst einen neuen 750-Wh-Akku, dem hardwareseitig kaum modifizierten CX-Motor, einem kompakteren Kiox-300-Display, einer neuen LED-Remote-Fernbedienung und der «eBike Flow App».
Bereits 2014 hat Bosch mit dem Nyon-Display das Thema Konnektivität ins Spiel gebracht. Das Display war seinerzeit noch recht grosszügig dimensioniert und eigentlich für den Einsatz an E-Trekkingbikes vorgesehen. Mit der Einführung der Mission-Control-App von Specialized im Jahr 2015 wurde die Konnektivität dann auch am E-MTB ein Thema. Aktuell setzt Bosch mit einem neuen, smarten Motorsystem auf Basis des Performance-CX-Aggregats starke Akzente in puncto «digitale Zusatzfunktionen dank Konnektivität». Boschs smartes Antriebssystem setzt sich zusammen aus einem neuen 750-Wh-Akku, dem hardwareseitig weitestgehend unverändert gebliebenen CX-Motor, einem kompakter gewordenen Kiox-300-Display, einer neuen LED-Remote-Fernbedienung und der «eBike Flow App». Letztere wird auf dem Smartphone installiert und dient als Gehirn des Systems.

Über die App justieren Mountainbiker das maximale Motordrehmoment, die Dynamik und die jeweilige Höchstgeschwindigkeit der vier Unterstützungsmodi. Zudem lassen sich damit künftig «over the air» Software-Updates für den Motor aufspielen. Damit bleibt der Antrieb stets aktuell und «erlernt» immer wieder neue Funktionen. Solche smarten Eigenschaften sind für visionäre Entwickler wie Jan Talavasek, dem E-MTB-Entwicklungschef bei Specialized, fürs E-MTB essenziell: «Ein Produkt wie das E-MTB muss in der schnelllebigen, digitalen Welt up to date bleiben», kommentiert er.

Standard: Individualisierte Motorcharakteristik   

Auch bei E-Antriebsanbietern wie Specialized, Shimano und Fazua gehört es zum guten Ton, dass sich die Motorcharakteristik über eine kommunizierende Smartphone-App drahtlos und rasch den eigenen Vorlieben anpassen lässt. Das funktioniert auch spontan und mit wenigen Fingerbewegungen. Stellt man etwa am Trail fest, dass das Maximaldrehmoment des Motors in der Lieblings-Fahrstufe nicht für die anstehenden Steilanstiege ausreicht, liefert der Motor nur ein paar Wischbewegungen am Handy später den nötigen Extraschub.        

Szenarien für einen sinnvollen Einsatz solcher Apps gibt es genügend: etwa bei schwacher Tagesform oder nach einer Winterpause, wenn Fitness wie Kraftausdauer überschaubar sind und man von einem besonders spritzig-kraftvoll getrimmten Motor profitiert. Alternativ liesse sich etwa das maximale Motordrehmoment der niedrigsten Fahrstufe per App sehr gering definieren. Damit bringt man auf langen Flachpassagen verstärkt die eigene Kraft in den Vortrieb ein und schont den Akku für mehr Reichweite.

Doch bei allen Vorteilen der Motor-Individualisierung per App: Selbst in der Werkseinstellung generieren aktuelle E-MTB-Motoren bereits einen beeindruckenden Schub. «Sich einfach nur aufs E-MTB zu setzen, ohne erst mit dem Smartphone spielen zu müssen, bleibt natürlich weiterhin möglich», unterstreicht Oliver Heisig, Produktmanager Digital bei Antriebshersteller Fazua. «Wir arbeiten ständig an immer besseren, werksseitigen Motor-Setups und noch intelligenterer Fahrsoftware. Damit identifiziert der Motor das Fahrverhalten des Bikers bestmöglich und passt die Unterstützung an die individuellen Bedürfnisse an», so Heisig.
«Sich ohne Smartphone-Spielerei aufs E-MTB 
zu setzen, soll und wird weiter möglich bleiben.»
Oliver Heisig
Produktmanager Digital, Fazua

Integrierte Routenplanung, Navigation und Tracking    

Im Wortsinne richtungsweisend, dazu intuitiv nutzbar und unspektakulär im Hintergrund mitlaufend, sind die Trackingfunktionen der Antriebsysteme. Diese zeichnen nicht nur gefahrene Touren automatisch auf und stellen Fahrdaten wie Streckenlänge, Durchschnittstempo oder erreichte Höhenmeter übersichtlich auf dem Smartphone-Display dar. Im Falle etwa der eBike Flow App können diese teils auch direkt mit Touren-Apps wie Komoot oder der Trainings-App Strava kommunizieren. Per Knopfdruck lassen sich die Fahrdaten dann mit dem eigenen Account synchronisieren und optional mit den Bike-Buddies sharen. Einfacher geht es nicht.
Doch auch die Tourenplanung lässt sich per Smartphone vereinfachen. Bei der eBike Flow App können die Fahrer zwischen Routenprofilen wie «E-MTB», «Daily» und «Leisure» eine Vorauswahl treffen und bekommen dann verschiedene Streckenvorschläge angezeigt. Beim E-MTB-Routenprofil wird sogar der Schwierigkeitsgrad von Trails farblich dargestellt, und Trails passender Schwierigkeit werden mit in die Routenberechnung einbezogen. 

Hat man sich für eine Biketour entschieden, fungiert das Smartphone als praktisches, weil mit grossem Display ausgestattetes Navigationsgerät. Beim Fazua-Motor Ride 50 Trail passiert das etwa per Fazua-Rider-App, beim smarten Bosch-Antrieb per eBike Flow App, wobei die neue Smartphone-Grip-Halterung das Telefon fix zum Lenkerdisplay macht.

Einen wertvollen Mehrwert bringt auch die «Smart Control»-Funktion der Mission-Control-App von Specialized, die an deren Turbo-E-MTBs zum Einsatz kommt. Nach Eingabe der Dauer oder Entfernung der Wunschtour passt sich die Unterstützung automatisch an die vorhandene Akkuladung an. Damit ist sichergestellt, dass man die Tour beenden kann, ohne stossen zu müssen.   

Connectivity: E-MTB Clever & smart
Die Funktionalität der Apps beschränkt sich nicht nur auf das Tuning der Motorparameter. Dank Connectivity lässt sich nun auch die Tourenplanung vereinfachen.
Connectivity: E-MTB Clever & smart

Erhöhter Diebstahlschutz  

Schliesslich pimpt smarte Digitaltechnik den Diebstahlschutz von E-MTBs. Dazu debütierte Bosch just im April mit der neuen Funktion «eBike Lock», die das Smartphone zum digitalen, kontaktlosen Schlüssel macht. Die eBike-Lock-Funktion aktiviert den Motor per Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Bike automatisch, sobald das Smartphone des Besitzers in der Nähe ist. Specialized-E-MTBs lassen sich drahtlos mittels eines vierstelligen Codes digital absperren, wodurch die Attraktivität des Bikes für Diebe deutlich sinkt. Stehlen lässt sich das Bike aber dennoch. Ein erzsolides Fahrradschloss ist und bleibt daher elementar!

Die Zukunft: noch mehr Fahrspaß und Sicherheit?             

Dass dank der Konnektivität allerhand weitere Digitalfunktionen am E-MTB Einzug halten werden, steht zu erwarten. Bosch und Specialized forcieren bereits die Entwicklung von Funktionen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Damit soll auch eine Kommunikation zwischen smarten Autos und dem E-MTB möglich sein. So könnte etwa das «Smart Car» in kritischen Situationen eine automatische Notbremsung einleiten, um einen Crash zwischen E-Auto und E-Bike zu vermeiden.
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Zukünftig könnten auch Daten zur aktuellen Frequenz auf den Trails in die Routenplanung einbezogen werden. So würden Hotspots vermieden.
Vorausgesetzt, dass möglichst viele Fahrer-Tourendaten eines bestimmten Gebietes systematisch gesammelt und ausgewertet würden, könnte die App zudem E-Mountainbiker auf den für sie jeweils am besten geeigneten Trail leiten. Das würde nicht nur den Spass erhöhen, sondern auch die Sicherheit, da fahrtechnische Überforderungen vermieden würden. Darüber hinaus wären auch naturschonende App-Funktionen denkbar. So könnten beispielsweise während der touristischen Hauptsaison Biker automatisch auf wenig frequentierte Trails umgeleitet werden. Diese Idee wird in Ansätzen bereits von verschiedenen Tourismusgemeinden per entsprechenden Routenvorschlägen in der Komoot-App umgesetzt.
Die Konnektivität am E-MTB hat also ohne Frage das Potenzial, dem Fahrer eine aufregende Welt voll sinnvoller, die Fahrfreude steigernder Digitalfunktionen zu bieten. Ob man diese aber auch nutzt, bleibt eine Geschmacksfrage. Manch einer wird sich durch die vielen Funktionen auch unnötig vom Fahren abgelenkt fühlen. Specialized-Entwickler Jan Talavasek hat dies erkannt: «Wir wollen keine Spielkonsolen bauen. In erster Linie entwickeln wir ein Mountainbike für das Naturerlebnis».

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