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Seensucht
& Dolce Vita

Text: Mirjam Milad | Foto: Alex Buschor
26.05.2021

Tessin: Vier Locals zeigen ihre Heimat

Hier mondän, dort ursprünglich, oft mediterran, teils hochalpin, mal See, mal Berge, mal lieblich, mal wild … lang und wechselhaft die Geschichte, vielfältig deren Einflüsse und Spuren. Der südlichste Schweizer Kanton ist geprägt von Kontrasten, die sich uns dennoch als stimmiges Ganzes präsentieren. Ein Paradies für Mountainbiker, die etwas anderes als den ewig gleichen Flow-Trail suchen und lieber erkunden, erfahren, erobern – und dabei auch zu geniessen wissen. Neugierig geworden? Vier, die es wissen müssen, erzählen, was ihre Heimat so besonders macht!
REGION: BELLINZONESE

LOCAL: MARCO STEIGER

ALTER: 37 JAHRE

BERUF: PHYSIKER UND BIKESHOP-BESITZER
Seensucht & Dolce Vita
Für Marco ist 2021 ein Jubiläumsjahr, seit zehn Jahren lebt er jetzt in Bellinzona. Aufgewachsen in der Nähe von Mendrisio, zog es ihn zunächst zum Studium der Physik nach Zürich. 2001 erhielt er eine Stelle beim Amt für Umwelt in Bellinzona. Sofort war für ihn klar, dass er dort auch wohnen wird; auch, weil ihm durch den kurzen Arbeitsweg mehr Zeit für seine Hobbys bleibt. Das Mountainbiken ist für ihn mittlerweile viel mehr als ein Hobby, es wurde sein zweites berufliches Standbein. Anfangs arbeitete er als Guide, später kam ein eigener Shop hinzu, der neben Guiding auch Technikkurse, einen Shuttle-Service und Leihbikes anbietet. Das lohnt sich, denn die Berge rund um Bellinzona haben für Mountainbiker viel zu bieten!

Wege ohne Trubel

Obwohl sich die Region auf bis zu 2725 Meter über Meer erstreckt, sind die Temperaturen wie überall im Tessin mild und die Winter relativ schneearm. Touren in höheren Lagen sind entsprechend vom zeitigen Frühjahr bis in den späten Herbst möglich. Dazu kommen die vielen Seitentäler – ein echtes Eldorado für Mountainbiker, die lieber abseits der «Piste» unterwegs sind. «Wir haben noch viele naturbelassene Wege, die nicht speziell fürs Biken bearbeitet wurden», erzählt Marco. «Die Stärke des Tessins sind die natürlichen Trails. Das gefällt mir und das möchte ich den Menschen gerne näherbringen.»

Bellinzona selbst ist mit seinen 43'000 Einwohnern von überschaubarer Grösse. Doch die Geschichte der Kantonshauptstadt reicht weit zurück: Die ältesten jungsteinzeitlichen Siedlungsspuren der heutigen Schweiz wurden hier gefunden. Im frühen Mittelalter wurde die Stadt erstmals schriftlich erwähnt. Am Ende des Valle Leventina auf dem Weg zu den zwei strategisch wichtigen Alpenpässen Gotthard und Lukmanier gelegen, war Bellinzona später ein wichtiger Handelsort und entsprechend begehrt – mal unter italienischer, mal unter französischer, mal unter Schweizer Herrschaft. Die drei Burgen von Bellinzona zählen seit dem Jahr 2000 zum UNESCO Welterbe. Nach wie vor ist die Stadt ein Knotenpunkt für Reisende: Als erster Stopp nach dem Gotthard-Basistunnel kann man hier nach Mendrisio oder Locarno umsteigen. «Mittlerweile verweilen auch immer mehr», sagt Marco. Besonders zu den Marktzeiten. Doch trotz seiner Schönheit sei Bellinzona nicht überfüllt mit Touristen; der Tourismus beginne gerade erst zu wachsen. Auch der im Dezember 2020 eröffnete Ceneri-Basistunnel sei dabei eine echte Chance. Der 15,4 Kilometer lange, zweigleisige Eisenbahntunnel verkürzt die Fahrt nach Lugano auf 15 Minuten. «Man ist jetzt mit dem Zug deutlich schneller als mit dem Auto», erklärt Marco. Diese Verbindung erschliesst auch Bikern völlig neue Möglichkeiten, sich innerhalb eines Tages schnell und einfach im Tessin zu bewegen –  in Locarno übernachten, tags rund um Lugano biken und am Abend in der Altstadt von Bellinzona essen gehen. Die Fahrpläne der Postautos werden noch auf die Züge abgestimmt und ihr Turnus erhöht. So lassen sich selbst entlegenere Täler noch besser erreichen – und Touren kreativ kombinieren.
Auf den Touren von den Gipfelregionen bis zum See führen die Trails oft durch beeindruckende Laubwälder. «Im Herbst sollte man in den Kastanienwäldern die Augen auf dem Trail haben», warnt Bikeguide Marco Steiger.
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Auf den Touren von den Gipfelregionen bis zum See führen die Trails oft durch beeindruckende Laubwälder. «Im Herbst sollte man in den Kastanienwäldern die Augen auf dem Trail haben», warnt Bikeguide Marco Steiger.

Anspruchsvolles Abenteuer

Auch wenn es einfache Trails und Kieswege entlang des Ticinos gibt: Die überwiegende Zahl der Trails führt entlang der steilen Hänge bergab. Meist gelangt man über eine der wenig befahrenen Nebenstrassen zu ihren Startpunkten, wie bei der «Alpe della Costa»-Tour. Marcos Tipp: «Freunde mitnehmen, dann vergeht der Anstieg wie im Flug.» Wer sich den Uphill sparen möchte, bucht ein Shuttle; auch einige Bergbahnen transportieren Bikes. Dann erwartet Biker Singletrails über mehrere Hundert bis Tausend Tiefenmeter, auf Wanderwegen oder alten Saumwegen geht es teils steil hinab ins Tal. Eine seiner Lieblingstouren ist die auf die «Cima di Medeglia», bei der schon der Aufstieg abwechslungsreich und abenteuerlich ist. Nachdem man das Aussteigerdorf Pianturino durchquert hat (unbedingt absteigen und schieben), folgen ausgesetzte Abschnitte, die mit viel Vorsicht zu befahren sind oder auf denen das Bike geschoben werden sollte, warnt Marco. Der Gipfel eröffnet später eine grandiose Aussicht auf die Magadino-Ebene. Und die Abfahrt? «Steinig und anspruchsvoll, bei trockenem Wetter sehr spassig», meint Marco. Vor allem im Herbst sollte man in den Kastanienwäldern die Augen auf dem Trail haben. «Das kann schon tricky sein», sagt Marco und lacht. «Aber die Kastanien sind eben auch charakteristisch für die Region.»

TOUREN

VALLE MOROBBIA BIKE

Schwierigkeit:
Fahrtechnik 3, Kondition 3

Distanz: 21 km
Höhendifferenz: 965 m

Von Giubiasco geht’s durch das Valle Morobbia bergauf bis nach Carena. Von hier auf Singletrails durch Kastaniengärten über die Monti di Paudo. Den Abschluss macht ein steiler Saumpfad vorbei an den Burgen Sasso Corbaro und Montebello bis zum Bahnhof Bellinzona.


ALPE DELLA COSTA

Schwierigkeit: Fahrtechnik 3, Kondition 4
Distanz: 35,5 km
Höhendifferenz: 1529 m

Einem langen Aufstieg auf Asphalt stehen ebenso viele Tiefenmeter Singletrail gegenüber. Der hat es stellenweise in sich – zwischen Alpe della Costa und Paudo gibt es parallel zum Wanderweg lokale Biketrails, die etwas flowiger und weniger steinig sind. Nach der Abfahrt unbedingt bei «Ciccio passami il gelato» Eis essen!

 

CIMA DI MEDEGLIA

Schwierigkeit: Fahrtechnik 4, Kondition 4
Distanz: 41,1 km
Höhendifferenz: 1566 m

Abwechslungsreich und abenteuerlich, meist abseits von Strassen, bergauf. Nach dem Dorf Pianturino fordert ein ausgesetzter Abschnitt alle Aufmerksamkeit. Nach der Flussüberquerung kurze Schiebepassage, bis der Trail breiter wird. Die Abfahrt vom Gipfel nach Rivera ist steinig und technisch.

 

PIAN DI NE

Schwierigkeit: Fahrtechnik 2, Kondition 2
Distanz: 15,5 km
Höhendifferenz: 600 m

Kleine, aber feine Feierabend-Rundtour von Giubiasco in den bewaldeten Nordhängen unter den Monti del Tiglio.

INFOS

KULINARIK

Einkehren
Grotto La Strega in Quartino  
grotto-la-strega.ch
Nachtessen
Cantinin dal Gatt, Bellinzona 
cantinindalgatt.ch
Grottino Ticinese, Bellinzona
grottinoticinesebellinzona.ch
Grotto Sbardella, Giubiasco
grottosbardella.com
Grotto Torcett, Giubiasco
grot.ch/sopraceneri/sopraceneri/grotto-torcett 
Wein verkosten
Cantinin dal Gatt, Bellinzona 
cantinindalgatt.ch
Bar & Lifestyle
Il Fermento, Bellinzona (Brauereischank), ilfermento.ch
700esimo, Bellinzona
bar-700.com   
Kaffee, Kuchen, Gelati
Ciccio passami il gelato, Giubiasco

SIGHTSEEING

Wer sich dafür interessiert, findet im Tessin zahlreiche Festungen aus dem Ersten Weltkrieg. forti.ch
Teilweise sehr alte Kirchen in den Tälern, deren Architektur, Inschriften und Malereien die wechselnde Herrschaft im Tessin widerspiegeln. ticino.ch 

EVENTS

Stadt im Ausnahmezustand: Die zweitgrösste Fasnacht der Schweiz wird in Bellinzona gefeiert und heisst hier «Rabadan». rabadan.ch
ticino.ch/de/events

UNTERKUNFT
Besonderes 3-Sterne-Hotel in Airolo am Gotthardpass. «Investor Hans Bandi war ein echter Visionär und hat das Haus in einer Zeit umgebaut, als alles dagegensprach, die Züge nicht mehr hielten und es hiess, Airolo sterbe aus.» 
Das Haus besticht durch einen reduzierten, natürlichen Stil und seine mehrfach ausgezeichnete Küche. Bed & Bike Tremola San Gottardo.
tremola-sangottardo.ch

KARTEN
Supertrail Map Ascona/Locarno e Valli 1:50'000, supertrail-map.com

INFO
bellinzonaevalli.ch
ticino.ch
Region: Mendrisiotto

Local: Cadel Evans

Alter: 44 Jahre 

Beruf: Ehemaliger Rad-Profi
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Wenn ein ehemaliger australischer Radprofi das Mendrisiotto als seinen neuen Lebensmittelpunkt wählt, wird das seine Gründe haben. Nicht nur, dass Cadel Evans als erster Australier überhaupt in Mendrisio 2009 den Strassenrad-Weltmeistertitel holte. «Es ist nah an allem», sagt Cadel, der seit vielen Jahren in Stabio an der italienischen Grenze wohnt. Und meint Städte wie Lugano, Como und Mailand und die Flughäfen, die er als Profisportler zu schätzen weiss. Einst die Nähe zu seinem mittlerweile verstorbenen Trainer, Aldo Sassi. Heute die Nähe zu seinem zehnjährigen Sohn; seine Mutter und Cadel leben seit einigen Jahren getrennt. Und während all dieser Zeit die Nähe zu den Seen, den Bergen, den Trainingsmöglichkeiten direkt vor der Tür – in einer dank des milden Klimas nicht endenden Saison. Hier, zwischen Chiasso und dem südöstlichen Ende des Luganersees ist die Landschaft geprägt von Weinbau und alten Dörfern. Es vermischen sich Einflüsse aus Italien mit denen der Schweiz wie in keiner anderen Gegend des Landes. Aber alles überschaubar: Mendrisio, als grösste Stadt der Region zählt gerade mal 15‘000 Einwohner.

Für den Sport nach Europa

Cadels Karriere begann vergleichsweise spät. «So richtig habe ich das Biken erst mit 14 Jahren für mich entdeckt, als ich mit Freunden an einem regionalen Vereinsrennen teilnahm», erzählt er. «Das hat mein Leben verändert.» Damals, in den frühen 1990ern, eröffneten ihm amerikanische Mountainbike-Magazine eine neue Welt. Cadel las von John Tomac, Ned Overend, Thomas Frischknecht … und sie inspirierten den Jungen von Down Under. «Ich stellte fest, dass es möglich war, ein professioneller Mountainbiker zu sein – etwas, das es damals in Australien nicht gab.» Und so setzte Cadel alles daran, Biken zu seinem Beruf zu machen. Es war ein weiter Weg mit vielen kleinen Schritten, der vielleicht wichtigste: nach Europa zu gehen und dort Rennen zu fahren. Nach seinen Erfolgen im Cross-Country – 1998 und 1999 gewann Evans den Worldcup – verlagerte er 2001 den Fokus auf die Strasse. Mit grossem Erfolg: 2009 gewann er die Strassenrad-WM, 2011 die Tour de France. «Ich war der jüngste Fahrer, der 1997 einen Mountainbike-Weltcup gewonnen hat, und Jahre später der älteste Nachkriegssieger der Tour de France. Ich habe das Gefühl, dass ich eine grosse Vielfalt an Wettkämpfen im Radsport erlebt habe.» 2015 fuhr Cadel sein letztes Rennen.
Neben den Trails bietet der Monte Generoso einen beeindruckenden Tiefblick über das Mendrisiotto und die Südseite des Luganersees.
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Neben den Trails bietet der Monte Generoso einen beeindruckenden Tiefblick über das Mendrisiotto und die Südseite des Luganersees.

Zeitreise per Bike

Noch immer liebt er das Mountainbike. Er zieht es dem Rennvelo vor, wenn er mit guten Freunden unterwegs ist. Und wenn er neue Trails erkundet. «Eine Sache, die mich hier im Tessin besonders beeindruckt hat, ist, wie gut kartiert und markiert die Mountainbike-Trails sind», sagt er. Die naturbelassenen Wege erfordern ein solides Fahrkönnen. So auch Cadels Lieblingsrunde oberhalb des Valle di Muggio. Das Tal mit seinem Wechsel aus Siedlungen, Weiden und Wäldern, hat es ihm ganz besonders angetan. «Nicht nur, weil ich hier viele Testfahrten gemacht habe, sondern auch, weil die kleinen, alten Dörfer und die schöne Aussicht so friedlich auf mich wirken. Es ist fast so, als würde man in der Zeit zurückreisen.» So sanft die Umgebung, so wild die Trails: Stellenweise felsig und steil fordern sie die Biker immer wieder technisch heraus. Besonders im Herbst, wenn die Blätter gefallen und die Felsen mit Laub bedeckt sind, ist Vorsicht geboten. Neben den Wanderwegen finden sich in der Region auch etliche historische Maultierpfade, auf denen einst die Bauern ihre Waren zu den Märkten ins Tal brachten oder das Vieh hinauf auf die höhergelegenen Alpwiesen trieben. Cadel nutzt sie ab und zu als Uphill, um abseits von Strassen zu den Startpunkten der Trails zu gelangen. 

Geschichtlich ist das Mendrisiotto wie ein offenes Buch, wenn man es denn lesen möchte. Als Australier findet Cadel «alles aus dem Mittelalter faszinierend. Wir haben nichts Vergleichbares.» Daher geht er gerne durch die Ruinen des Archäologischen Parks in Tremona. Und verbindet es manchmal mit einem genussvollen Abstecher «ins beste Grotto der Gegend» – das Grotto Grassi liegt nur ein kleines Stück unterhalb auf dem UNESCO Welterbe Monte San Giorgio.

Kulinarische Krönung

Auch kulinarisch hat das Tessin Cadel absolut überzeugt. Er schwärmt von der herzhaften und authentischen Küche, von Steinboden-Polenta in den Grotti oder Rifugi und verrät dabei einen seiner Geheimtipps am Sasso Gordana: «Wenn ihr grossen Hunger habt, ist die Polenta Uncia im Rifugio Prabello perfekt. Und falls ihr noch einen Tipp braucht, Besitzer Gianni kennt sich super in der Gegend aus.» Wer dagegen die zehn Kilometer von Mendrisio auf den Grenzberg Monte Generoso pedaliert sei, werde den lauwarmen Kuchen und einen Kaffee in der Osteria «La Peonia» zu schätzen wissen. Unterhalb der «Bellavista»-Station der Zahnradbahn zum Monte Generoso gelegen, bietet die Osteria zudem eine spektakuläre Sicht über den Luganersee und auf die über dem Monte Rosa untergehende Sonne.

Als Stabio-Local ist Cadel ein bisschen stolz auf das lokale Bier der Birrificio San Martino. Für das After-Ride-Bier empfiehlt er zudem das «Il Fermento» in Mendrisio – die «letzte Abfahrt des Tages» führt von dort in fünf Minuten zum Bahnhof. Aber: Das Mendrisiotto ist eine Merlot-Gegend. «Wer gerne Rotwein trinkt, wird überrascht sein von der Qualität des Tessiner Weins», verspricht Cadel. Es gebe zig Möglichkeiten, guten Wein zu probieren. Wie in der «Enoteca Borgovecchio» in Balerna oder dem «Casa del Vino Ticino», versteckt hinter einem Supermarkt in Morbio Inferiore. «Das Weingut ‹Tenuta Luigina› in Stabio ist dagegen etwas für wahre Kenner», findet Cadel, der sich auskennt – schliesslich lebt er selbst auf einem Weingut. Der Winzer Luigi Zanini habe ihn dabei sehr beeindruckt, erzählt Cadel. Zanini kam in den 1950ern als Sohn einer Arbeiterfamilie aus Bergamo ins Tessin und habe es aus ganz bescheidenen Anfängen bis zu einem der bedeutendsten und erfolgreichsten Winzer der Schweiz geschafft. «Ich finde immer diejenigen, die hart für ihren Erfolg arbeiten mussten, sehr inspirierend.»
Auf der Abfahrt vom Monte Generoso schlängelt sich der Singletrail am Hang entlang.
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Auf der Abfahrt vom Monte Generoso schlängelt sich der Singletrail am Hang entlang.

TOUREN

RUNDTOUR BELLAVISTA – BAITA DI ORIMENTO

Schwierigkeit: Fahrtechnik 4, Kondition 5
Distanz: 42 km
Höhendifferenz: 1979 m 

Anspruchsvolle Rundtour von Mendrisio durch das Valle di Muggio mit Grenzübertritt. Oben lohnt eine Einkehr in der fast zweihundertjährigen Baita di Orimento.

 

RUNTOUR VALLE DI MUGGIO – RIFUGIO PRABELLO – MONTE BISBINO

Schwierigkeit: Fahrtechnik 3, Kondition 4
Distanz: 50 km
Höhendifferenz: 1660 m 

Intensive Cross-Country-Runde oberhalb des Comer Sees. Der lange, relativ steile Anstieg wird mit einer grossartigen Aussicht vom 1325 m hohen Monte Bisbino belohnt. Auf dem Gipfel finden sich neben einer traditionellen Wallfahrtskirche auch die Überreste von Befestigungsanlagen aus dem Ersten Weltkrieg.

INFOS

KULINARIK

Einkehren
Fiore di Pietra, Monte Generoso
montegeneroso.ch
Grotto Grassi, Tremona
grottograssitremona.ch
Wein verkosten
Enoteca Borgovecchio, Balerna 
borgovecchio.ch
Casa del Vino Ticino, Morbio Inferiore
casadelvinoticino.ch
Tenuta Luigina, Stabio
tenutaluigina.ch
Bar & Lifestyle
Il Fermento, Mendrisio ilfermento.ch
Kaffee, Kuchen, Gelati
Osteria La Peonia, Monte Generoso 
osteriapeonia.ch

SIGHTSEEING

Archäologischer Park, Tremona. 
parco-archeologico.ch
Fossilienmuseum Monte San Giorgio
museodeifossili.ch

EVENTS

La Belvedere, Radsport-Event für Rennvelo, Mountainbike und sogar das «Bici d’epoca», das historische Velo. labelvedere.org

UNTERKUNFT

Bike Hotel Serpiano serpiano.ch
Locanda San Silvestro
locandasansilvestro.ch

KARTEN

Supertrail Map Mendrisio 1:50'000 supertrail-map.com
Bike Explorer, Kartenblatt Sottoceneri, 1:50'000, bike-explorer.ch

INFO

mendrisiottoturismo.ch
ticino.ch
Region:Ascona-Locarno

Local:Sabina Ghirlanda

Alter:32 Jahre 

Beruf:Vorschullehrerin
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Eine Handvoll traditioneller Steinhäuser drängen sich dicht an dicht auf der zweiten Talstufe des Val Lavizzara, einem Seitenarm des Vallemaggia. Vereinzelte Häuser wurden durch Neuere ersetzt, die sich mit ihrem bunten Anstrich abheben, als hätte man einen alten Stoff mit farbigen Garnresten gestopft. Um die 180 Einwohner hat Peccia, das Dorf, in dem Sabina Ghirlanda geboren wurde und aufwuchs. Mittlerweile lebt sie in Lugano, «der Liebe wegen», wie sie sagt. Im Vallemaggia ist sie dennoch ständig, nicht nur, weil sie hier als Vorschullehrerin arbeitet, sondern auch, um ihre Familie und Freunde zu sehen. «Ich bin sehr verbunden mit meiner Heimat», sagt Sabina. Wen wundert es, bietet diese doch alles, was Naturfans suchen: «Wir haben den See, wunderschöne Täler mit fantastischen Flüssen und die Berge mit kristallklaren Bergseen», schwärmt Sabina. Dazu die alpinen Wanderwege und die naturbelassenen Trails, die immer wieder den Blick auf den Lago Maggiore freigeben. «Für mich gibt es keinen besseren Ort zum Leben.»

Am nordwestlichen Ufer des Lago Maggiore gelegen, ziehen Ascona und Locarno mit ihren Seepromenaden und mediterran-mondänem Flair die Gäste an. Vom See ist es nur ein Katzensprung in die Bergtäler, von denen das Vallemaggia und das Valle Verzasca mit ihren Seitentälern die bekanntesten sind. Ein Katzensprung nur, und doch eine andere Welt – mit den typischen steinernen Häusern, türkisblauen Flüssen, Felsen und Wasserfällen inmitten der imposanten Bergkulisse. 

Ein Terrain perfekt für endlose Trailtouren. Doch als Jugendliche war das Mountainbike für Sabina eher ein Mittel zum Zweck – eine Möglichkeit, im Sommer für die Skirennen zu trainieren, an denen sie im Winter startete. «Als ich 18 Jahre alt wurde, habe ich das Velo dann ein paar Jahre im Keller gelassen», gibt Sabina zu. Erst durch ihren Mann wurde auch die Leidenschaft fürs Biken neu entfacht. Doch mittlerweile ist das Velo ihr liebstes Fortbewegungsmittel und «Biken als Hobby steht an erster Stelle». Sabina und ihr Mann nutzen jede Gelegenheit, um mit den Mountainbikes neue Orte zu entdecken. «Ich liebe natürliche Trails. Jedes Mal, wenn wir uns auf Tour begeben, bin ich ein bisschen aufgeregt», gesteht Sabina.

Die Aussicht: unbezahlbar

Das Gelände in der Region Ascona-Locarno ist abwechslungsreich. Es gibt leichtere, aber auch sehr anspruchsvolle und technische Trails. «Ich finde, die Region bietet etwas für jede Art von Biker», sagt sie. Das eigentliche Highlight seien aber nicht die Trails selbst, sondern ihre Umgebung. «Mit dieser Aussicht zu biken ist unbezahlbar.» Dabei begeistern Sabina Klassiker, wie der Cardada-Trail oder die Tour rund um den Corona dei Pinci ebenso wie die etwas weniger bekannten Routen. Eine ihrer Lieblingstouren führt von Prato-Sornico und Monti di Rima auf die über 1500 Meter hoch gelegene Alpe Brunescio und über Trails bergab nach Prato-Sornico. «Das ist ein kleines Juwel, das ich hier mit euch teile», sagt Sabina. «Aber Vorsicht: Die Abfahrt verläuft auf einem Wanderweg, also passt immer auf, ob euch jemand zu Fuss entgegenkommt.»
Die Cardada ist ein Klassiker: Im Sommer heisst es, früh starten ... (oben) ... und den Tag am Lago Maggiore ausklingen lassen (unten rechts).
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Die Cardada ist ein Klassiker: Im Sommer heisst es, früh starten ... (oben) ... und den Tag am Lago Maggiore ausklingen lassen (unten rechts).
Vor allem in den Sommermonaten ist es für Biker ratsam, der Hitze rund um den See zu entgehen und mit einem frühen Start die Trails der bewaldeten und höhergelegenen Seitentäler zu erkunden. Dann lassen sich die Touren hervorragend mit dem Besuch einer Alp verbinden, wie zum Beispiel die Alpe Campo la Torba oberhalb von Fusio. Und wem nach einem langen Biketag der Magen in der Hose hängt, kehrt in einem der typischen Grotti ein. «Mein Favorit ist das ‹Grotto Pozzasc› in Peccia», verrät Sabina. Dieses befindet sich in einer alten, renovierten Mühle und es lohnt sich, vorab zu reservieren. Sabinas Tipp: Unbedingt den «Piatto ticinese» bestellen und die grossartige Polenta mit «un po' da tut», ein bisschen von allem probieren. Ein bisschen von allem probieren – das ist das passende Motto dieser Region zwischen Dolce Vita am See und beschaulichem Talschluss.

TOUREN

ASCONA – CORONA DEI PINCI – ASCONA

Schwierigkeit: Fahrtechnik 4, Kondition 4
Distanz: 22 km
Höhendifferenz: 1380 m

Aufstieg von Ascona auf überwiegend asphaltierten, aber steilen Strassen. Vom Gipfel Corona dei Pinci toller Blick auf den Lago Maggiore. Auf einem abwechslungsreichen Singletrail durch Buchen- und Kastanienwälder über Arcegno weiter nach Losone.

Weitere Infos, GPX und Videos vom Trail auf: 
supertrail.guide/ascona-locarno/
corona-dei-pinci

 
CARDADA-TRAIL

Schwierigkeit: Fahrtechnik 2, Kondition 3
Distanz: 30 km (ohne Seilbahn und Lift)
Höhendifferenz: 1760 m 

Der Uphill vom Zentrum in Locarno bis zur Cimetta ist schön und abwechslungsreich, hat es aber in sich. Mit Seilbahn von Orselina und Sessellift eine lockere und technisch eher leichte Tour mit Erste-Liga-Panorama auf den Lago Maggiore vom Gipfel. Flowige, waldreiche Abfahrt ins Val Resa. 

Weitere Infos, GPX und Videos vom Trail auf: 
supertrail.guide/ascona-locarno/
cardada-bike

 
SENTIERO LAVIZZARA UND ALPE BRUNESCIO (VALLEMAGGIA)

Schwierigkeit: Fahrtechnik 4, Kondition 4
Distanz: 18 km
Höhendifferenz: 1000 m 

Von Prato-Sornico auf einem Abschnitt des Lavizzara-Wegs nach Broglio und weiter auf die Monti di Rima mit der Alpe Brunescio. Von hier führt ein technischer Singletrail hinab nach Prato-Sornico.

INFOS

KULINARIK

Einkehren
Grotto Pozzasc, Peccia pozzasc.ch 
Nachtessen
La Curt Bandida, Ascona
lacurtbandida.ch
Grotto America grottoamerica.ch
Wein verkosten
Giardino Lago, Minusio
giardinohotels.ch
Terreni alla Maggia 
terreniallamaggia.ch
Bar & Lifestyle
Blu Restaurant & Lounge, Locarno
blu-locarno.ch
Wake Inn Bar, Tenero watersports.ch
Wilson SUP Center, Locarno wilsonsup.ch
Lido Ascona, Ascona lidoascona.ch
Kaffee, Kuchen, Gelati
Caffè Bartolomeo, Locarno
bartolomeo.ch
Gelateria Veneta, Tenero

SIGHTSEEING

Museo Val Maggia, Cevio
museovalmaggia.ch
Museo Val Verzasca, Sonogno
museovalverzasca.ch

EVENTS

Moon & Stars (Pop & Rock)
moonandstars.ch
JazzAscona 
Locarno Film Festival
locarnofestival.ch

UNTERKUNFT 

Campofelice Camping Village, 
Tenero campofelice.ch
Camping Delta, Locarno
campingdelta.com
Agri Camp al Cort, Lavizzara/Vallemaggia
Hotel Belvedere Locarno
belvedere-locarno.com

KARTEN

Supertrail Map Ascona / Locarno e Valli, 1:50'000, supertrail-map.com

INFO

ascona-locarno.com
ticino.ch
Region:Lugano

Local:Filippo Colombo

Alter:23 Jahre 

Beruf:Mountainbike-Profi
Seensucht & Dolce Vita
Er ist ein echter Luganeser: Filippo Colombo wurde in Lugano geboren; sieben Jahre später zog seine Familie einige Kilometer aus dem Stadtzentrum heraus, nach Bironico, wo sie noch heute leben. «Lugano ist meine Heimatstadt, der Ort, wo ich geboren wurde und zur Schule gegangen bin, und der Ort, wo die meisten meiner Freunde leben. «Ich kenne jede Ecke dieser Stadt!», sagt der 23-jährige Bike-Profi, der seit zwei Jahren im Team Absolute Absalon BMC fährt. Die Region habe eine sehr hohe Lebensqualität, die jeder hier wahrnehme und zu schätzen wisse.

Filippos Karriere verläuft pfeilgerade: Mit fünf Jahren sitzt er das erste Mal auf dem Mountainbike, mit 19 Jahren ist er Profi. «Es war ein ganz natürlicher Prozess», sagt er. Nichts, wofür er sich nach langem Überlegen hätte entscheiden müssen. Es war immer ein Traum, dem er sich Schritt für Schritt näherte, ambitioniert, sich Jahr für Jahr zu verbessern. Als er Ende 2019 die Möglichkeit erhielt, Teil des Teams von Cross-Country-Legende Julien Absalon zu werden, zögert er nicht. Bei der Weltmeisterschaft 2020 landet Filippo auf Platz sieben, sein bisher wichtigster Erfolg. «Ich bin ein sehr wettbewerbsorientierter Mensch, ich liebe Wettkämpfe», sagt er über sich selbst. «Meine intensivsten Mountainbike-Erlebnisse habe ich immer im Rennen.» Allerdings geniesst er das Mountainbiken auch während des Trainings, wozu er in seiner Heimat optimale Bedingungen vorfindet.
Spassgarant für technisch erfahrene Biker: Die Abfahrt vom Monte Bar ist ein Highlight in der Region Lugano.
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Spassgarant für technisch erfahrene Biker: Die Abfahrt vom Monte Bar ist ein Highlight in der Region Lugano.

Lang und knackig

Lang und knackig

Die Lage Luganos direkt am gleichnamigen See und den flankierenden Hausbergen ist wahrlich perfekt für viele sportliche Unternehmungen. Zusammen mit den Bergen der weiteren Umgebung ergibt sich ein gigantischer Spielplatz für Mountainbiker, vorausgesetzt, sie scheuen die langen und knackigen Anstiege nicht. Vorteil: Was an Höhenmetern erkämpft wird, wartet im Anschluss an Tiefenmetern. Wie auch im übrigen Tessin, überwiegen naturbelassene, oft anspruchsvolle Singletrails. Familien oder Einsteiger finden leichtere Touren in den Tälern. Gerade für E-Biker ist das Gelände aus Filippos Sicht perfekt: Lange Touren und zähe Anstiege lassen sich mit Motor-Unterstützung problemlos meistern – und verkürzen. «Die Probleme zwischen Wanderern und Mountainbikern, die man anderenorts kennt, haben wir hier nicht», fügt er hinzu. Sein absolutes Bike-Highlight: Der 120 Kilometer lange Trail Nr. 66, genannt «Route 66», der als Höhenweg in drei bis vier vielfältigen Etappen vom Monte Brè über den Monte Bar und den Monte Tamaro einmal nördlich rund um Lugano führt. Lichte Eichen- und Kastanienwälder wechseln mit Alpwiesen und grossem Panorama. Immer wieder laden Rifugi zur Einkehr ein, wie die Capanna Pairolo, die für ihr gutes Essen gerühmt wird. Von der auf 1600 Meter über Meer gelegenen Capanna Monte Bar lassen sich Sonnenauf- und -untergänge besonders gut geniessen. Die neue Berghütte des SAC wurde 2016 gebaut und ist gut mit dem Mountainbike erreichbar. Wer über Nacht bleiben möchte: Die Hütte bietet Platz für 42 Übernachtungsgäste. Und die Abfahrt vom Monte Tamaro über das Malcantone bis nach Ponte Tresa ist ein langer Tag mit schier endlosem Trailspass.

Verdienter Genuss

Überall in den Berghütten oder Grotti kommen Gäste in den Genuss der regionaltypischen, saisonalen Spezialitäten. «Eine Sella di Capriolo im Herbst ist ein Muss», findet Filippo. Als Spitzensportler muss er leider viele Abstriche machen, vor allem bei den Desserts. Hobbysportler haben es hier besser: Wer nicht gerade für den nächsten Marathon trainiert, sollte sich nach einem epischen Tag auf dem Bike daher unbedingt ein Gelato oder einen Apéro am See gönnen!

TOUREN

ROUTE 66 / LUGANO BIKE NR. 66

Schwierigkeit: Fahrtechnik 4, Kondition 4
Distanz: 120 km
Höhendifferenz: hoch: 5000 m, runter: 5700 m

Von Lugano (Monte Brè) in ca. 4 Tagen über die Berghütte Pairolo, Monte Bar, Rivera und Miglieglia zurück nach Ponte Tresa.

 

MONTE TAMARO – AROSIO – AGNO

(Teiletappe der «Route 66»)
Schwierigkeit: Fahrtechnik 3, Kondition 3
Distanz: 25 km
Höhendifferenz: hoch: 400 m, runter: 1700 m 

Von Rivera mit der Seilbahn auf den Monte Tamaro. Von der Bergstation steil hinauf zur Capanna Monte Tamaro und weiter auf einem schwierigen Trail bis kurz unterhalb des Gipfels. Lange, spassige Singletrail-Abfahrt nach Arosio und über Cimo weiter nach Agno. Tipp: Tag bei einem Apéro am See ausklingen lassen!

INFOS

KULINARIK

Einkehren
Capanna Monte Bar, Capriasca
capannamontebar.casticino.ch
Capanna Pairolo, capanna-pairolo.ch
Nachtessen
Motto del Gallo, Taverne, mottodelgallo.ch
Wein verkosten
Cantine Riva, Morcote
cantinerivamorcote.ch
Bottega Gabbani, gabbani.com
Bar & Lifestyle
Broken City Brewing,  
brokencitybrewing.ch
Kaffee, Kuchen, Gelati
Gran Café al Porto, 
grand-cafe-lugano.ch

UNTERKUNFT 

Ca' San Matteo, casanmatteo.ch

KARTEN

Supertrail Map Lugano, 1:50'000 supertrail-map.com
Bike Explorer, Kartenblatt Sottoceneri, 1:50'000, bike-explorer.ch

INFO

luganoregion.com
ticino.ch
Einmal rund um Lugano: Ausblicke, wie dieser, machen die Trails der Route 66 so lohnenswert.
Seensucht & Dolce Vita
Einmal rund um Lugano: Ausblicke, wie dieser, machen die Trails der Route 66 so lohnenswert.

ticino info

Für Mountainbiker gibt es im Tessin über die gesamte Saison spezielle Angebote. Egal, ob man mehrere Tage an einem Ort verweilt oder auf einer Tour den Kanton durchquert: Von Airolo bis Serpiano profitieren Biker von vergünstigten Hotels, Pensionen oder Seilbahntarifen. ticino.ch/mtbangebote 

Wer im Tessin übernachtet, hat zudem Anspruch auf das Ticino Ticket. Mit diesem fährt man nicht nur kostenlos ÖV, sondern hat zudem Vergünstigungen bei diversen Seilbahnen, Events und Sehenswürdigkeiten. ticino.ch/ticket

Durch den Ceneri-Basistunnel rückt das Tessin noch näher an die Nordschweiz heran. So ist man von Zürich in unter zwei Stunden mit dem Zug in Lugano, und auch im Tessin schneller unterwegs. In Lugano biken und zum Aperitivo in Locarno die Abendsonne geniessen – geht nun in einer halben Stunde. Zudem gibt es zum Start spezielle Hotel- und Gastro-Angebote. ticino.ch/ceneri

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