Mountainbiker gelten nicht gerade als Herdentiere. Auch beim Bike setzen einige auf ein möglichst individuelles Setup. Bei der Suche nach dem perfekten MTB muss man kein Technik-Nerd sein. Einige Hersteller bieten mittlerweile die Möglichkeit, das persönliche Traumbike zusammenzustellen – ohne dass das Sparbuch geplündert werden muss.
Vorkonfiguriert und im MyO-Programm bis ins Detail individualisierbar: Orbea setzt seit Jahren auf Inhouse-Customization mit eigener Lackiererei.


Modell
Orbea Rallon Team
Ramen
S-XL
Komponenten
Auswahlmöglichkeiten im MyO-Programm
Farben
matt/glänzend, 30+ Farben
Individuell à la Suisse: Das Price Gravelbike gibt's in 33 Farben und Tuning-Optionen, wie die Wahl der Schaltgruppe und Laufräder – und das zum fairen Preis.


Modell
Price Gravel Alu 2025
Ramen
XS-XL
Komponenten
Auswahlmöglichkeiten
Farben
30+ Farben
Der neue Smartphone-Vertrag ist ganz auf Ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt, verspricht der freundliche Mitarbeiter im Servicecenter. Auch der ausgebaute Bulli hat das eine oder andere pfiffige Detail, das es so nicht im Katalog gibt. Wieso sollte da das persönliche Traumbike also von der Stange sein? Sich den Traum von einem Custom-Aufbau zu erfüllen, bedeutet nämlich mehr, als nur Griffe und Sattel zu tauschen. Auf dem Weg zum perfekten Bike gilt die goldene Regel: Entweder es braucht richtig viel Geld – oder richtig viel Zeit. Zwar hat jeder Hersteller eine Top-Serie, bei der nur hochwertige Teile verbaut werden. Aber individuell und auf die persönlichen Bedürfnisse und Vorlieben angepasst ist ein Bike von der Stange deshalb noch lange nicht. Wenn wir den Faktor Zeit betrachten, können Wochen ins Land ziehen, bis man sich durch Foren geklickt hat, um beim Dealer des Vertrauens oder im Internet die passenden Teile zu finden, mit denen man sein perfektes Bike komplett aufbauen kann. Und wir sprechen noch nicht von der schier unlösbaren Aufgabe, Vorbau, Pedale, Ventilverschlüsse und Speichennippel in exakt derselben Eloxalfarbe wie die schimmernden Aufkleber ausfindig zu machen. Daran sind schon andere zerbrochen. Der Weg zum Signature-Bike ist steinig, egal, ob es um Optik, Performance oder um die maximale Gewichtsreduktion geht. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht jeder ein geborener Schrauber ist, der in der privaten Profiwerkstatt aus den edlen Einzelteilen dann eine Highend-Maschine zaubern kann.
INDIVIDUALISIERUNG MIT SYSTEM
Hier schaffen verschiedene Hersteller Abhilfe: Das MyO-Programm von Orbea etwa setzt auf die Kombination aus dem Fachwissen der Produktmanager und einem hohen Individualisierungsgrad. Die baskische Traditionsmarke bietet seit 2008 die Inhouse-Individualisierungen am Hauptstandort Mallabia im Hügelland zwischen Bilbao und San Sebastián an. Auf der Orbea-Website können Kunden ihr persönliches Bike mit einem Konfigurator optisch designen und es dann später über den Schweizer Fachhändler bestellen, erklärt Marcel Schlatter, Produktmanager beim Schweizer Orbea-Vertrieb Amsler & Co. AG. Schweizweit entscheiden sich rund 30 Prozent der Kunden für einen Custom-Aufbau, verrät Schlatter. Dieser funktioniert selbsterklärend per Online-Tool: Zuerst wird das Modell gewählt, dann geht’s an die Individualisierung. Allein für den zweifarbigen Rahmen gibt es rein rechnerisch fast 1000 Farboptionen – und das in matt oder glänzend, so Schlatter. Dazu kommen dann noch zusätzliche Farboptionen bei Logos und Rahmendetails. Der Kunde entscheidet: schlicht oder Paradiesvogel. Nach der Bestellung über den Fachhändler werden die MyO-Modelle im Werk in Mallabia lackiert und aufgebaut.
Doch allein mit dem individuellen Farbmix ist der Weg zum Custom-Aufbau noch nicht abgeschlossen. Am Beispiel des im Mai vorgestellten neuen Enduros Rallon E-Team lässt sich im Web-Konfigurator ebenso eine funktionale Individualisierung durchspielen. So kann der Fahrer zwischen zwei unterschiedlich langen Kettenstreben wählen und entscheiden, ob das Bike als Mullet oder Twentyniner über die Trails rollen soll. Zudem sind die Länge von Vorbau, Kurbel und Sattelstütze anpassbar. Diese Anpassungen sowie die Farbwahl sind im Programm kostenlos, erläutert Schlatter. Extra kostet dagegen die Umrüstung von Mullet auf 29 Zoll. Tiefer in die Tasche greifen muss der Kunde nur, wenn zusätzlich ein Upgrade der Bremsen, Reifen, Dämpfer oder Carbon-Laufräder gewünscht ist. Geht man überall in die Vollen, werden aus 6500 schnell 9200 Franken.
EXKLUSIVITÄT ZUM FAIREN PREIS
Der Schweizer Hersteller Price beweist, dass man für ein individualisiertes Bike nicht zwingend das Sparbuch plündern muss. «Your Style, your Bike» ist bei Price mehr als nur ein Werbespruch. Auch bei Price hat der Kunde die Qual der Wahl zwischen 33 Farbvarianten für den Hauptrahmen. Die Bikes werden im Zürcher Oberland pulverbeschichtet und aufgebaut. Die Farbwahl ist dabei genauso kostenfrei wie die individuelle Anpassung von Kurbel, Vorbau, Sattelstütze und Lenkerbreite, erklärt Alexandra Vetter, Head of Product Management Bikes und Parts der TST-GPR AG, zu der Price gehört. Auch hier erfolgt die Konfiguration auf der Website. «Das geht daheim in der Stube. Mit dem Datenblatt geht es dann zu einem unserer schweizweit rund 80 Fachhändler», so Vetter. In einer 1x12-Version startet das Gravelbike mit Aluminiumrahmen und Carbon-Gabel bei 2095 Franken. «Wir setzen hier auf eine Zielgruppe, die sportlich unterwegs ist, für ein Gravelbike aber keine 5000 Franken ausgeben möchte», sagt Vetter. Weitere Optionen hat der Kunde dagegen bei der Schaltgruppe und den Laufrädern. Je nachdem, für welche Version der Shimano GRX-Gruppe man sich entscheidet, kommen bis zu 400 Franken hinzu. Ein weiteres Tuning ist an den Laufrädern möglich. Fällt die Wahl auf den DT Swiss GR 1600 Spline Laufradsatz, müssen zusätzliche 225 Franken in das Bike investiert werden. Der Wunsch nach Individualisierung habe zugenommen, so Vetters Beobachtung. Die breite Farbauswahl spreche ein breites Publikum an. Denn gerade in diesem Preissegment hätten viele grosse Hersteller nur eine Farbe pro Modell.
PERSONALISIERUNG ALS FIRMENSTRATEGIE
Ein Bike von der Stange – gibt es bei ihm nicht! Jan Koba, der Inhaber von Koba Bikes, setzt bereits seit der Gründung der Marke im Jahr 1991 auf diese Firmenphilosophie. «Custom made bicycles» steht nicht nur in der Firmenbezeichnung, sondern ist die DNA des Unternehmens. Der Kunde kann die Rahmenfarbe in schwarz matt mit farbigem Sticker oder im Factory Design wählen. Das höchste der Gefühle ist eine in der Schweiz gefertigte Rahmenlackierung nach Kundenwunsch. Alles andere ist zusätzlich höchst individuell – an die von Koba entwickelten Rahmen kommen nur Teile auf Kundenwunsch. Auf der Website kann man sich durch unzählige Möglichkeiten klicken, denn für jedes verbaute Teil gibt es Optionen. Spannend für Gewichtsfetischisten: Beim Konfigurieren wird nicht nur der Preis, sondern auch das Gewicht angezeigt. Beim Aufbau wird laut Koba jedes Bike an die Kundenvorlieben, das Fahrkönnen und die ergonomischen Messdaten angepasst. Wem das nicht genügt, der kann sich beruhigt zurücklehnen, denn Geschäftsführer Ralph Lippuner verspricht: «Wir gehen so weit, dass wir Spezialteile besorgen oder Spezialanpassungen vornehmen, um zu 100 Prozent den Wünschen gerecht zu werden.» Kunden hätten zudem die Möglichkeit, ihre Traumteile, wie zum Beispiel einen Sattel, mitzubringen. Im Online-Konfigurator lässt sich das Trailtool-V2 mit einem Startpreis von 5650 Franken bis 11‘300 Franken veredeln – samt Speziallackierung versteht sich. Mehr Bikeporn geht vermutlich nicht.
Ein Bike von der Stange das gibt es bei Koba nicht. Der maximale Individualisierungsgrad ist seit 1991 die DNA der Rheintaler Bikemanufaktur.


Modell
Koba Trailtool-V2
Ramen
S-XL
Komponenten
komplett individualisierbar
Farben
komplett individualisierbar