Der Anteil der E-MTBs an den Veloverkäufen steigt seit Jahren. Kein Wunder, dass die Antriebshersteller im Kampf um die Gunst der Kunden versuchen, sich gegenseitig mit Innovationen zu überbieten. So ist das Modelljahr 2025 besonders spannend – nicht nur durch den Markteinstieg neuer Player.
Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Aus Kundensicht besonders erfreulich: Im Bereich der E-Bike-Antriebe stehen aktuell Innovationen vor der Markteinführung, die einen echten Mehrwert versprechen. Sicher, die Motorenhersteller haben ihre Innovationsfreude bereits in den zehn Jahren seit Beginn des Booms permanent unter Beweis gestellt. Einen guten Eindruck davon bekommt, wer die Ingenieursleistungen auf Basis eines Direktvergleichs eines E-Bikes des Jahrgangs 2015 mit einem aktuellen Modell beurteilt. Doch auf der Mission, einen «E-Mountainbike Antrieb ohne Kompromisse» zu finden, müssen auch heute noch Kompromisse eingegangen werden.


Neue Antriebe wie die von DJI und ZF werden bisher nur von wenigen Bikeherstellern implementiert. Welche Marktanteile sie zukünftig erobern können, wird spannend zu sehen sein.
Leichter und Leistungsfähiger
Knapp drei Kilo Gewicht, 250 Watt Dauerleistung, um die 85 Newtonmeter maximales Drehmoment – seit sich der Mittelmotor als Standard durchgesetzt hat, blieben diese Eckdaten des mit Abstand meistverbauten Bosch Performance Line CX Motors quer durch alle Modellgenerationen mehr oder weniger unverändert. An diesen Leistungswerten orientieren sich die meisten Modelle auf dem Markt. Dass solche Motoren nach Strom hungern, ist klar. Ebenso klar ist, dass Mountainbiker nichts mehr fürchten, als dass ihnen mitten in der Tour der Saft ausgeht. Deswegen wuchsen in der Vergangenheit die Akkus, was die E-MTBs zu behäbigen Brummern mutieren liess. Eine Zeitlang verfolgte ein Teil der Branche daher das genau gegenteilige Konzept. Firmen wie Fazua oder Maxon entwickelten kleine und leichte Motoren mit halber Leistung. Da diese Motoren einen reduzierten Strombedarf haben, konnten auch die Akkus entsprechend schrumpfen. Dieses Konzept ermöglicht den Bau von Bikes, welche die magische 20-Kilogramm-Marke spürbar unterbieten. Auf dem Papier klingt diese Herangehensweise bestechend logisch. Auf dem Trail konnte sich dieses Konzept trotzdem nicht bei der breiten Masse der Mountainbiker durchsetzen. Sicher kommen die solcherart elektrifizierten Bikes bergab dem agilen Fahrgefühl von unmotorisierten Mountainbikes deutlich näher. Doch bergauf erfordern sie deutlich mehr Muskelschmalz.
Wer sich ein E-Mountainbike zulegt, das zeigt die Praxis, will den zusätzlichen Schub durch den Antrieb auch tatsächlich spüren. Und so kamen zunehmend Antriebe auf den Markt, welche zwar nicht mehr ganz so leicht waren wie die Magermotoren, aber ihren Nutzern dennoch zu einer Extraportion Dampf auf dem Pedal verhalfen. Diesen Weg verfolgte etwa Fazua seit der Firmenübernahme durch Porsche mit seinem Ride 60 Antrieb. Oder die ebenfalls deutsche Firma TQ mit ihrem flüsterleisen HPR50. Und natürlich nicht zu vergessen der Branchenprimus Bosch, der seinem Flaggschiff vor zwei Jahren den SX-Antrieb zur Seite stellte. Grob gesagt sind dies Systeme, die den Nachteil eines geringeren Drehmoments bei niedrigen Drehzahlen durch eine mit den «Full Power»-Motoren vergleichbare Leistungsentfaltung bei hoher Trittkadenz wieder auszugleichen versuchen. Sicher, die Gewichtsersparnis wurde auch bei diesem Konzept hauptsächlich durch eine Schrumpfung der Akkus erreicht. Die entsprechend reduzierte Reichweite lässt sich hier aber durch den Zukauf eines optionalen Range Extenders kompensieren. Dies ist zwar eine nicht ganz preisgünstige, aber durchaus pragmatische Lösung. Für die schnelle Feierabendrunde hat man so ein vergleichsweise leichtes, und dementsprechend agiles Bike am Start. Ist am Wochenende für eine lange Tour mehr Saft gefragt, lässt sich flexibel auf diesen Anspruch reagieren. An den steigenden Marktanteilen von mit solchen Antrieben ausgestatteten E-Mountainbikes lässt sich ablesen, dass dies viele Mountainbiker als einen sehr praktischen Mittelweg empfinden.
Der wirkliche Idealantrieb, ein System also, das eine hohe Kraftentfaltung bei praxisgerechter Reichweite mit einem überschaubaren Gewicht und geringem Formfaktor kombiniert, schien jedoch lange Zeit eine reine Wunschvorstellung zu bleiben. Doch genau das scheint sich nun langsam zu ändern.


Neue Entwicklungen lassen das Gewicht der Antriebe sinken. Das Fahrverhalten der Bikes wird dadurch wesentlich agiler.
Der Innovationswettlauf beschleunigt sich
So sorgte denn auch der Einstieg zweier neuer Player ins Geschäft auf der Eurobike 2024 für ein kleines Branchenbeben. Dort schaffte es etwa der deutsche Automobilzulieferer ZF, den arrivierten Konkurrenten mit seinem CentriX-Antrieb einen Teil der Aufmerksamkeit zu stehlen. Den Friedrichshafenern ist es gelungen, ein mit 90 Newtonmetern sogar erhöhtes Drehmoment einem Motor von lediglich 2,5 Kilogramm Gewicht und dem Formfaktor einer Raviolidose zu entlocken. Welche Marktanteile sich damit erreichen lassen, wird sich zeigen. Der Antrieb wird unter anderem beim Modell Peak des Schweizer Herstellers Bergstrom verbaut werden. Ganz ähnlich ist die Sachlage beim Avinox M1-Antrieb des chinesischen Drohnen-Weltmarktführers DJI. Wer die sensationell potenten 105 Nm Dauerdrehmoment bei 850 Watt Spitzenleistung geniessen will, die DJI einem lediglich 2,55 kg wiegenden Antriebsaggregat entlockt, muss vorerst zu einem Bike von deren Eigenmarke Amflow greifen. Zumindest in diesem Jahr wird man die genannten Antriebe daher kaum in aufsehenerregenden Stückzahlen über die Trails rollen sehen. Dass es hier hinter den Kulissen zu einem echten Innovationssprung kam, lässt aber durchaus vermuten, dass auch die schon etablierte Konkurrenz noch einiges in der Pipeline stecken hat.
Optimierter Bosch CX-Motor
Angesichts dessen war die Überraschung gross, als sich bei der Produktpräsentation im letzten Herbst herausstellte, dass Bosch für seinen neuen CX-Motor an den gewohnten Eckdaten von 85 Nm Drehmoment und 600 Watt Spitzenleistung bei immerhin nur noch 2,8 kg Gewicht festhält. Hatte sich der Branchenprimus das Wasser abgraben lassen? Wer dies vermutete, wurde bei den ersten Testfahrten sogleich eines Besseren belehrt. Bei der Entwicklung der nunmehr fünften CX-Generation schien das alte Pirelli-Motto «Power is nothing without control» die Prämisse gewesen zu sein. Durch hardwareseitige Verbesserungen hatte es der Branchenprimus geschafft, sowohl das Betriebsgeräusch deutlich zu verringern als auch das nervige Klappern, das der «alte» CX mit vielen anderen Antrieben gemeinsam hatte, endgültig zu eliminieren.
Dank einer ausgeklügelten Sensorik «weiss» der Antrieb nun, ob er sich auf einer Forststrasse oder in der knackigen Schlüsselstelle eines Uphill-Trails befindet, und passt seine Leistung entsprechend an. «Smarte» Software-Funktionen wie ein Hillhold- oder ein Berganfahr Assistenzsystem mögen zwar oberflächlich betrachtet wenig spektakulär wirken, erweisen sich aber in der Praxis auf dem Trail als echte Gamechanger. Und auch in Sachen Akkus hat sich Bosch nicht auf den Lorbeeren ausgeruht. Durch den Einsatz neuer Zelltechnologien ist es gelungen, die Leistungsdichte der Saftspender deutlich zu erhöhen. Also, auf gut Deutsch gesagt: Akkus anzubieten, die bei einer im Vergleich zur Vorgängergeneration sogar erhöhten Kapazität deutlich weniger auf die Waage bringen. Dass Bosch seinen Status als Weltmarktführer verliert, ist also aktuell nicht zu erwarten. Alleine deswegen schon nicht, weil dessen Marktdurchdringung es Kunden erlaubt, das verbesserte Antriebssystem in Bikes verschiedenster Bauweise wiederzufinden.
Unter dem Strich scheint aber klar zu sein, wohin die Reise geht. Hin zu E-Mountainbikes, die durch den Einsatz verbesserter Zelltechnologien und neuer Materialien immer weniger wiegen, ohne den Nutzenden Unterstützungsleistung oder Reichweite zu entziehen. Bikes, mit denen sich dank schlauerer Software zunehmend Grenzen verschieben lassen, und die den Bikern ein immer natürlicheres Fahrgefühl vermitteln, so als seien sie selbst mit Superkräften ausgestattet. Entspricht dies der reinen Lehre des Sports? Nicht unbedingt. Aber für zusätzliche Endorphin-Ausschüttungen sind solche Aussichten allemal gut.
Bosch Performance Line CX
Der mit grossem Abstand meistverkaufte E-Bike-Motor der Welt rollt 2025 in seiner fünften Modellgeneration auf die Trails. Hardwareseitig wurden durch den Einsatz von reibungsarmen Polymerkunststoffen im Getriebe sowohl das Gewicht als auch die Fahrgeräusche reduziert. Gleichzeitig wurde der Antrieb von externen Einflüssen entkoppelt, was das berüchtigte Klappern des Vorgängers endgültig eliminiert, welches auch andere Antriebe «auszeichnet». Die spürbarsten Verbesserungen im Vergleich zur vorherigen Generation wurden aber durch softwareseitige Optimierungen erreicht. Dank der Daten zahlreicher verbauter Sensoren passt sich die Leistung fliessend dem Untergrund an. Zudem bringen neue Funktionen wie ein Hillhold- oder ein Berganfahr-Assistent das Potenzial mit, schwierige Fahrsituationen zukünftig leichter zu bewältigen.


Pinion MGU E1.12
Die Motor Gear Unit von Pinion bringt das mit Abstand höchste Gewicht aller Antriebe auf dem Markt. Doch dies relativiert sich durch die im Antrieb untergebrachte 12-Gang-Getriebeschalteinheit. In der Gesamtbilanz landet man in der Gewichtsklasse aller anderen Antriebe in Kombination mit einer normalen Schaltgruppe. Auf der Habenseite der MGU steht jedoch die Verschleissarmut. Verbogene Schaltaugen muss man mit der MGU nicht mehr fürchten, krachende Schaltvorgänge gehören der Vergangenheit an – umso mehr, als die Schaltvorgänge hier sogar elektronisch gesteuert werden. Die Konzentration des kompletten Gewichts von Antrieb und Schaltung im Tretlagerbereich bringt zudem Vorteile im Handling des Bikes, da hier der Gewichtsschwerpunkt unterhalb des Formschwerpunktes liegt.


TQ HPR50
«Man vergisst fast, auf einem E-MTB zu sitzen», war die Aussage der BORN-Tester nach den ersten Runden mit dem 2022 vorgestellten HPR50 von TQ. Eingebaut in ein edles Trek Fuel Exe überzeugte der Antrieb damals, und auch heute noch, nicht nur durch seine nahezu völlige Geräuschlosigkeit. Mit einem maximalen Drehmoment von nominell 50 Newtonmetern und einer Leistungsentfaltung von 300 Watt in der Spitze stellt der Antrieb auch in anspruchsvollen Uphills ausreichend Unterstützung zur Verfügung. Allerdings wird ein mit einem TQ-Antrieb ausgestattetes Bike nicht zum Shuttle. Eine entsprechende Eigenleistung ist immer gefragt, was aber genau den Geschmack der Tester traf. Kurz gesagt ist dies ein Antrieb, der Mountainbikern gefallen wird, die bei aller Unterstützung dennoch intensiv Ausdauersport treiben wollen.

