Anfang Juni diesen Jahres hat Shimano die neue XTR M9200 Di2 Gruppe vorgestellt. Nach dem ersten Pressecamp im Frühjahr stand nun der Härtetest an: Knapp vier Monate lang war die XTR M9200 Di2 an unserem Testrad im Dauereinsatz, auf über 1000 Kilometern und rund 20.000 Höhenmetern.
Ersteindruck und Montage
Schon bei der ersten Montage fällt auf, wie durchdacht Shimano das System gestaltet hat. Schaltwerk montieren, Anschläge einstellen, und die Schaltung läuft auf Anhieb perfekt. Die drahtlose Verbindung funktionierte im gesamten Testzeitraum ohne jegliche Aussetzer. Auch das Laden des Akkus zeigt sich alltagstauglich: Bereits 15 Minuten am Ladegerät genügen für etwa drei Stunden Fahrzeit. Wer also das Laden vergisst, kann den Akku quasi „im Umziehen“ nachladen. Ein echtes Plus für alle, die bislang mechanische Gruppen gefahren sind.
Optisch elegant: Die XTR-Kurbelgarnitur überzeugt mit sauberer Verarbeitung und präziser Kraftübertragung. Wahlweise als XC- oder Enduro-Version erhältlich.
Schaltverhalten und App-Setup
Die Schaltgeschwindigkeit lässt sich über die Shimano E-Tube App in mehreren Stufen konfigurieren. Im schnellsten Modus arbeitet die XTR M9200 beeindruckend direkt und präzise. Deutlich schneller als jede andere Schaltung, die wir bisher gefahren sind. Während des gesamten Testzeitraums musste die Schaltung nur einmal nachjustiert werden. Über die App lässt sich jedes einzelne Ritzel millimetergenau einstellen, was ein präzises, leises Laufverhalten garantiert.
Ein praktisches Detail: Sollte das Schaltwerk nach einem Schlag leicht verstellt sein, kann es über den Shifter im Stand nachkalibriert werden – ein Feature, das besonders im Renneinsatz viel Stress sparen kann.
Ergonomie und Bedienung
Der neue XTR-Shifter bleibt eine der Stärken des Systems. Die Schaltwippen lassen sich in vier Richtungen verstellen und an jede Handgrösse anpassen. Nach kurzer Feinjustage fand sich eine perfekte Position. Intuitiv bedienbar, mit angenehm definiertem Druckpunkt und hochwertiger Haptik. Die Möglichkeit, Funktionen individuell zu belegen, eröffnet zudem interessante Optionen für Race-Setups oder das Steuern von Peripheriegeräten.
Der neue XTR-Shifter bietet erstklassige Ergonomie und ein fein definiertes Klickgefühl. Alle Schaltfunktionen sind individuell programmierbar auch während der Fahrt intuitiv bedienbar.
Bremsen: bewährte Stärke mit Feinschliff
Auch bei den Bremsen bleibt Shimano seiner Linie treu. Die überarbeitete Hebelergonomie liegt hervorragend in der Hand, die Griffweitenverstellung arbeitet präzise, und das bislang häufig kritisierte Klappern der Beläge ist endlich Geschichte. Wer mit der bisherigen XTR oder XT-Bremse zufrieden war, wird sich sofort zuhause fühlen. Das neue Mineralöl mit geringerer Viskosität zeigt sich auch bei Kälte konstant. Insgesamt überzeugt das System durch hohe Standfestigkeit und präzise Dosierbarkeit.
Die überarbeitete XTR-Bremse bietet hohe Standfestigkeit, präzise Dosierbarkeit und verbesserte Ergonomie.
Laufräder: steif, edel und haltbar
Der getestete Carbon-Laufradsatz WH-M9220 unterstreicht den Premiumanspruch der XTR-Gruppe. Auch nach intensiven Einsätzen blieb das System spielfrei. Keine gelösten Speichen, keine sichtbaren Schäden. Die Steifigkeit ist hoch, die Optik edel, das Fahrgefühl präzise und direkt. In Kombination mit der neuen Nabe ergibt sich ein spürbar effizientes und antrittsstarkes Setup.
Auf dem Trail spielt die XTR M9200 Di2 ihre Stärken aus: blitzschnelle Gangwechsel und konstante Bremspower.
Kritikpunkte
Viel Anlass zur Kritik bot die XTR M9200 im Dauertest nicht. Im Vergleich zu SRAMs Transmission fällt das Schaltwerk akustisch etwas lauter auf. Allerdings nicht lauter als eine mechanische XTR. Auch das klassische Schaltauge bleibt ein Thema: Während SRAM mit dem UDH-Standard das Schaltwerk direkt beidseitig am Ausfallende fixiert, setzt Shimano weiterhin auf das bewährte Schaltauge. Das ist weniger massiv, dafür im Pannenfall leichter zu ersetzen. Im Test zeigte sich die Konstruktion robust, und die automatische Rückstellfunktion funktionierte bei simulierten Schlägen einwandfrei.
Fazit
Nach vier Monaten intensiven Einsatzes steht fest: Shimano hat mit der XTR M9200 Di2 nicht nur aufgeholt, sondern eine eigenständige, technisch durchdachte Alternative zur Konkurrenz geschaffen. Die Schaltung arbeitet extrem schnell und präzise, das gesamte System wirkt hochwertig und langlebig, und der Bedienkomfort überzeugt auf ganzer Linie. Die Kombination aus kabelloser Technik, stimmiger Ergonomie, durchdachtem Energiemanagement und bewährter Bremsperformance macht die XTR M9200 Di2 zu einem echten Referenzpunkt für Race-orientierte Mountainbikes. Wer Zuverlässigkeit, schnelle Ladezeiten und kompromisslose Funktion sucht, findet hier eine elektronische Gruppe, die den Namen XT(-)R(ace) zu Recht trägt.