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© Tom Malecha

Mountainbiken im Engelbergtal: Enduro Safari

Im Engelbergertal betreiben viele Bauern eine eigene Seilbahn, um ihren Hof an die Aussenwelt anzubinden. Die meisten dieser Bahnen transportieren auch Mountainbikes. Wer eine ordentliche Portion Abenteuerlust, gute Fahrtechnik und die Bereitschaft mitbringt, auch mal das Vorderrad auszubauen, der findet hier eine Enduro-Tour, wie sie authentischer und ungewöhnlicher nicht sein könnte. 

Es ist früh am Morgen. Ich treffe MTB-Guide Michi in der Bäckerei. Zur Stärkung, wie er mit ernster Stimme erwähnt: «Auch wenn es fast nur bergab geht – das wird anstrengend heute.» Seine warnenden Worte hallen noch in mir nach, als wir einen Mandelgipfel später in Richtung der ersten Seilbahn pedalieren, zur Luftseilbahn der Familie Brändle. Auf ihrem Bio-Bauernhof auf rund 1200 Metern halten die Brändles irische Dexter-Kühe – und stellen ihre Seilbahn freundlicherweise auch Sportliebhabern zur Verfügung. An der Talstation ist Selbstbedienung angesagt. Für 10 Franken erwirbt jeder von uns ein Ticket, dann wird die ausgehängte Verladeanweisung studiert. Kurz darauf baumeln die Bikes aussen an der Gondel. Ein Druck auf die Taste mit dem grünen Pfeil und schon schweben wir bergwärts 

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© Tom Malecha

In manchen «Buiräbähnlis» ist es wirklich eng. 

Schwebender Pick-Up

Knapp 650 Meter weiter oben steigen wir aus. Einmal tief durchatmen und los geht’s. Zunächst ein Stück der Höhenlinie entlang, dann folgen wir einem Wiesen-Trail in Richtung Oberrickenbach. Die Abfahrt ist eigentlich nur eine Aufwärmrunde, schon 300 Höhenmeter später erreichen wir in Fell die nächste Talstation. Hier heisst es erst einmal: Vorderräder raus. Denn wegen der immer länger und länger gewordenen Radstände passen die Mountainbikes sonst unmöglich in die winzige Kabine. An der Mittelstation müssen wir umladen. Der freundliche ältere Herr hilft uns dabei. Jetzt wird es noch abenteuerlicher: Die Seilbahn hinauf zur Alp Sinsgäu ist eigentlich eher eine Ladefläche mit Sitzkabine. Man fühlt sich ein bisschen an einen schwebenden Pick-up erinnert. Kurz darauf heben wir ab, es geht aufwärts für uns und unsere Bikes. Oben angekommen sind wir uns einig: Während man sich andernorts notgedrungenermassen für den Downhill in die Gondel quetscht, ist hier der Uphill schon ein Abenteuer! 

Trail-Filet für Filigrantechniker

Oben angekommen werden die Vorderräder schnell wieder an ihren angestammten Platz montiert und dann heisst es: «Abfahren!» Doch wer nun in bester Enduro-Manier mit offener Bremse bergab stempeln will, der sei gewarnt. Was nun folgt, ist typisch für diese Tour: Der Trail ist schmal, die Kurven eng, die Steine tückisch. Wer Vollgas geben will, der wird enttäuscht. Dafür finden Filigran-Techniker hier feinstes Gelände vor, um an ihren Serpentinen-Skills und Umsetzkünsten zu feilen. Und so arbeiten wir uns Stück für Stück vorwärts, freuen uns, wenn wir eine Kurve meistern, schämen uns aber auch nicht dafür, wenn wir absteigen und schieben müssen. Der Geruch verglaster Bremsbeläge weht uns um die Nase, als wir auf den Feldweg Richtung Oberrickenbach einbiegen. 

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© Tom Malecha

Kurze Pause vom Hinterrad-Versetzen: Auch die Wiesentrails sind technisch. 

Trail-Filet für Filigrantechniker

Oben angekommen werden die Vorderräder schnell wieder an ihren angestammten Platz montiert und dann heisst es: «Abfahren!» Doch wer nun in bester Enduro-Manier mit offener Bremse bergab stempeln will, der sei gewarnt. Was nun folgt, ist typisch für diese Tour: Der Trail ist schmal, die Kurven eng, die Steine tückisch. Wer Vollgas geben will, der wird enttäuscht. Dafür finden Filigran-Techniker hier feinstes Gelände vor, um an ihren Serpentinen-Skills und Umsetzkünsten zu feilen. Und so arbeiten wir uns Stück für Stück vorwärts, freuen uns, wenn wir eine Kurve meistern, schämen uns aber auch nicht dafür, wenn wir absteigen und schieben müssen. Der Geruch verglaster Bremsbeläge weht uns um die Nase, als wir auf den Feldweg Richtung Oberrickenbach einbiegen. «Das kommt noch knackiger», prophezeit unser Guide, als wir durch das Dorf rollen. Doch jetzt ist erst einmal Gelegenheit, die Bremsscheiben mit ein bisschen Fahrtwind zu kühlen. Auf der Strasse geht es ein Stück bergab, bis wir in die Schlussetappe der Sektion einbiegen. «Wir spielen jetzt ein Spiel. Jeder hat drei Leben. Wer den Fuss auf den Boden setzt, bekommt eins abgezogen, okay?» Challenge accepted, denke ich mir. Und finde mich kurz darauf mit null Punkten wieder, als mein Vorderrad an einer Wasserrinne wegrutscht und ich unsanft den Rickenbacher Boden küsse. Game over! Dabei ist dieser Trail-Abschnitt rückblickend vermutlich der flowigste der ganzen Tour. Nun ja, man kann nicht immer gewinnen! 

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© Tom Malecha

Auch bei Gleitschirmfliegern beliebt: die Bielenbahn.

Trail-Scouting am Haldigrat

Im Tal angekommen beratschlagen wir, was wir als Nächstes tun. Der Tag ist noch lang und so beschliessen wir, dass es Zeit ist für ein bisschen Abenteuer. Den Haldigrat kenne ich vom Freeriden im Winter sehr gut, aber mit dem Bike war ich noch nie dort. Auch Guide Michi muss passen. Aber der Trail sieht auf der Karte gut aus und so halten wir uns an die alte Surfer-Weisheit: You don’t know, if you don’t go. Also – ab in die Seilbahn nach Niederrickenbach, deren eigentlich eher kleine Gondel im Vergleich zu den anderen Gefährten des Tages geradezu luxuriös und geräumig anmutet. Wenig später pedalieren wir weiter in Richtung Alpboden und hängen unsere Velos an die Sessel der Haldigrat-Bahn. Bezahlt wird oben bei Kurt, dem Betreiber des Gasthauses, der ganz den Eindruck erweckt, dass er sich freut, hier Biker zu sehen. «Wenn’s nach mir ginge, hätten wir hier schon lange was gebaut für euch. Aber, nun ja, das ist nicht immer so einfach.» Als wir oben in den Sattel steigen, ruft er uns noch aufmunternd nach: «Aber ihr schafft das schon!» 

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© Tom Malecha

Steile Angelegenheit: Die Trails im Engelbergertal sind anspruchsvoll – so wie hier in der Abfahrt von Bielen. 

Unter Fliegern

Das erste Stück auf dem Grat ist absolut genial: Mit Weit- und Tiefblick rechts und links sausen wir durch die Landschaft, umgeben von Gleitschirmfliegern, die über uns ihre Bahnen ziehen. Dann knickt der Trail steil links ab. Die Worte des Wirts hallen in uns nach: «Ihr schafft das schon!» Wir werden sehen. Das folgende Trail-Stück folgt weitestgehend der Höhenlinie und weist bis auf ein paar Wurzeln keine nennenswerten Hindernisse auf. Aber der Weg ist nur unwesentlich breiter als das Vorderrad und das Gelände unfassbar steil. Wir trösten uns mit dem Gedanken, dass wir im Falle eines Sturzes früher oder später von einer der zahlreichen Lawinenverbauungen gestoppt werden. Trotzdem, immer wieder stellt Schieben die sicherere Option dar, viele von den Spitzkehren sind einfach zu eng für Bikes. Und so bekommen wir, was wir gesucht haben: ein Abenteuer. Und die Erkenntnis, dass es im Engelbergertal noch viel zu entdecken und zu erkunden gibt. 

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© Tom Malecha

Es war einen Versuch wert: Trail am Haldigrat. Wenig später wird es harzig. 

«Keine Velos hier!» 

Als wir das vierte Kapitel unserer Bauernbahn-Saga aufschlagen wollen, ereilt uns eine Überraschung: «Keine Velos hier!» schallt es uns an der Bielenbahn entgegen. Protest ist zwecklos, der Herr an der Talstation lässt nicht mit sich reden. «Letzten Herbst ging das noch problemlos», meint Michi. Aber zum Glück hat er gleich einen Alternativplan parat. Wenig später baumeln unsere Bikes an der Kabine der nahegelegenen Diegisbalm-Bahn. Oben angekommen muss man ein Stück traversieren und etwas mühsam bergauf pedalieren. Aber trotzdem, kurz darauf stehen wir an der Bergstation der Bahn, die uns zuvor verweigert wurde. 

Wir sehen vermutlich ein bisschen bemitleidenswert aus, wie wir mit hochroten Köpfen nach Luft ringen. Ob wir von Diegisbalm her pedaliert seien, will da eine freundliche Stimme wissen. Als wir das bestätigen, stellt sich die Dame als die Betreiberin der Bahn vor. «Tut uns leid», sagt sie, «wir haben nichts gegen Biker. Aber mitunter ist bei uns so viel los mit Gleitschirmfliegern und Wanderern, dass wir einfach keinen Platz für Velos haben. Und da haben wir gedacht, es ist besser, klare Verhältnisse zu schaffen.» Es entsteht ein Gespräch zwischen ihr und unserem Guide. Und es endet recht versöhnlich: «Wir besprechen das mal. Vielleicht gibt's ja eine Lösung, die für alle passt», sagt die Betreiberin und winkt uns noch zum Abschied. 

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© Tom Malecha

Der Pick-up unter den Seilbahnen: die Seilbahn Richtung Alp Sinsgäu.

Ein spannender Uphill – gibts sowas? 

So starten wir in den Downhill – und der hat es in sich. Steil und ruppig geht es bergab, die Finger krampfen sich um den Bremshebel, das Hinterrad malträtiert die Bike-Hose, so weit hinten hängt der Körperschwerpunkt. Serpentine für Serpentine arbeiten wir uns abwärts, über moosige Steine und rutschige Wurzeln. 

Als wir den Talboden erreichen, sind die Bremsbeläge spürbar dünner, unsere Erlebnis-Sparschweine dafür gut gefüllt – mit anspruchsvollen Abfahrten, urchigen Beizen und vor allem einigen wirklich aussergewöhnlichen Bike-Shuttles. Wer also ausreichend Fahrtechnik, ordentlich Federweg und ein wenig Abenteuerlust mitbringt, der wird auf dieser Tour auf seine Kosten kommen. Schliesslich erlebt man es selten, dass der Uphill mindestens genauso spannend ist wie der Downhill.  

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© Tom Malecha

Typisch für die Tour: oben Wiesentrails, unten steile Serpentinen im Wald.

Engelbergtal Buiräbähnli-Tour

BIKE-TRANSPORT 

Die Transport-Kapazitäten auf den über 26 verschiedenen Buiräbähnli sind begrenzt. Nicht alle Bahnen transportieren zu jeder Zeit auch Mountainbikes – im Zweifelsfall lohnt es sich, im Rahmen der Tourenplanung die Situation im Vorfeld zu klären. 

GUIDING & ÜBERNACHTEN 

Unter der Dachmarke Bikegenoss haben sich 24 ausgebildete Mountainbike Guides und 27 Bike-Hotels der Region zusammengeschlossen. Hier findet man geführte Touren und Fahrtechnikkurse sowie Hotels, die Biker-Anforderungen bestens abdecken – Fahrradwaschanlage, abschliessbarer Fahrradraum, Werkstatt für einfachere Reparaturen etc.

bikegenoss.ch 

Die zertifizierten Swiss Cycling Guides von Trudy Bike bieten die Buirä Bähnli Safari auch als geführte MTB-Tour an. Das Angebot inkl. fünf Bergfahrten, Mittagessen und Guiding gibt es ab 250 Franken. Die Tour wird individuell auf die Bedürfnisse der Gäste angepasst – insbesondere die Wahl der Buiräbähnli und der entsprechenden Trails. BORN empfiehlt, für die beste «Experience» die Tour mit den lokalen Guides zu machen.

trudy.bike 

KULINARIK 

Auf der Buiräbähnli-Tour gibt es etliche Verpflegungsmöglichkeiten. Besonders gut gefallen hat es dem BORN-Redaktionsteam im Alpina Einhorn in Wolfenschiessen, das mit regionaler Küche und in stylishem Interieur punktet. Urchig geht’s in der Alp Haghütte zu und her. Die liebevoll betriebene Bauern-Beiz befindet sich auf der Abfahrt von der Alp Sinsgäu.

alpina-einhorn.ch 

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