DER INBEGRIFF EINES TRAILS
Wem bei einem Besuch in Davos Klosters nach fünfstellig gesammelten Tiefenmetern der Sinn nach einem knackigen Uphill steht, wird an der Pischa fündig. Das Trail-Highlight am Flüelapass wird von der Mountainbike Community eher stiefmütterlich behandelt. Was dem Genuss keinen Abbruch tut.
Ein Geheimtipp? Nein, das ist der Pischa-Trail ganz gewiss nicht mehr. Schliesslich zählt Davos Klosters zu den beliebtesten Mountainbike-Reisezielen der Schweiz, und die Trailtour über dem Flüelatal ist eines der zahlreichen ausgewiesenen Highlights. Doch das Landwassertal gilt bei den meisten Mountainbikern doch eher als eine Traildestination, in der sich dank Seilbahnunterstützung Tiefenmeter in epischen Mengen sammeln lassen. Eine Trailtour, die man sich im Schweisse des Angesichts selbst erarbeitet, fällt da schon mal hinten vom Tisch herunter. «Selbst schuld», kommentiert das Michi Wild ganz trocken. «Für mich ist der Pischa-Trail der Inbegriff einer alpinen Singletrail-Tour!»


Dass die Chancen gut stehen, diesen Epic Trail ganz alleine geniessen zu können, ist einem Mangel an Infrastruktur geschuldet. Die Pischa-Seilbahn öffnet nur im Winterbetrieb. Oben finden sich weder Restaurant noch Alphütte, sodass sich nur sehr selten Fussgänger auf den Grat unter dem Pischahorn verirren. «Aber auch als Mountainbiker musst du schon fit sein, um den Grat zu erreichen», erklärt Michi Wild. «Mit dem Biobike ist der Trail nach Tschuggen knallhart, aber für sehr fitte Leute immerhin fahrbar. Doch selbst mit dem E-Mountainbike musst du dich ein wenig quälen, wenn du nicht absteigen und stossen willst!» Und so ist der Pischa-Trail selbst für die Guides der lokalen Bike-Academy, als deren Leiter Michi Wild fungiert, durchaus kein alltägliches Vergnügen.
Dass der Tourbeschrieb für die erste Hälfte der Runde nicht unbedingt nach Hedonismus klingt, mag daran seinen Anteil haben. Gute 400 Höhenmeter schlängelt sich der Uphill entlang des Flüelabaches bis hinauf nach Tschuggen, und hält durchaus schweisstreibende Passagen bereit. Immerhin: Wer den richtigen Zeitpunkt im Frühsommer erwischt, pedaliert auf einem schönen Singletrail durch ein Meer aus Alpenrosen. Für die folgenden 500 Höhenmeter hinauf zur Pischa-Bergstation wird hierfür kaum jemand ein Auge haben. Der Anstieg ist kurz gesagt «selektiv». Michi Wild bietet die Tour daher gerne in einer Shuttle-Variante an. «Wenn man mit dem Taxi zum Flüelapass shuttelt, ist der Trail von dort nach Tschuggen ein schöner Vorgeschmack und eine perfekte Ergänzung der Tour!»
Die Tortur bis zum höchsten Punkt bleibt indes auch dann niemandem erspart. Doch wer die Mühe auf sich nimmt und am Pischagrat ermattet in die Alpenrosen sinkt, wird die Anstrengung kaum bereuen. Schliesslich wartet ein mit Fotomotiven gespicktes Up and Down auf einem alpinen Flowtrail bis hinüber zum Hüreli. Wer hier schon lächelt, wird auf der epischen 900-Höhenmeter-Abfahrt über einen oft technischen, aber immer gut fahrbaren Trail aus dem Grinsen nicht mehr hinauskommen. «Hinunter nach Drusatscha sind genau drei Spitzkehren nur mit Hinterradversetzen fahrbar», verrät Michi. «Der Rest ist S2 – wer Erfahrung auf alpinen Trails hat, kann das problemlos und mit viel Flow fahren!» Abends beim Après-Bike hat man dann vielleicht keinen Geheimtipp parat. Zu den Eingeweihten darf man sich aber sicher zählen. Der Satz «Pischa-Trail? Den wollte ich schon lang mal fahren!» wird fallen, jede Wette!
TRAIL INFO PISCHAGRAT
CHARAKTER
Der Pischa-Trail ist als Schweiz-Mobil Tour Nr. 645 komplett ausgeschildert. Dass diese Tour verhältnismässig selten befahren wird, liegt hauptsächlich am extrem steilen und technischen Uphill zwischen Tschuggen und dem Pischagrat. Im Frühsommer muss am Grat mit Altschnee gerechnet werden. Die Abfahrt vom Hüreli zum Davoser See ist durchgehend im vierten Schwierigkeitsgrad und verlangt wegen einiger ausgesetzter Stellen eine sichere Bike-Beherrschung. BORN-Tipp: Von Davos aus mit dem Shuttle zum Flüelapass. Von dort führt ein alpiner Trail hinunter nach Tschuggen. Dort weiter über die ausgewiesene Tour. Wer am Ende der Abfahrt vom Hüreli zum Davoser See noch Kraft und Lust hat, rollt weiter bis zur Gotschnabahn in Klosters. Von deren Bergstation gibt es mehrere Abfahrtsvarianten – Michi Wild empfiehlt den Signal-Trail.
DETAILS
Fahrtechnik: 4/5
Distanz: 29 km
Höhendifferenz: 1250 m
SAISON
Juni – Oktober
ÜBERNACHTEN / INFO
In Davos und Klosters haben sich 13 Betriebe auf Mountainbiker spezialisiert und bieten spezielle Serviceleistungen sowie Ermässigungen auf geführte Touren und Seilbahntickets.


«Die Pischa-Runde verläuft gefühlt zu 99 Prozent auf Singletrails. Dort oben gibt es kein Restaurant, und du hast den Berg meist für dich allein. Für mich ist das der Inbegriff einer Singletrail-Tour!»
Michi Wild
Leiter Bike Academy Davos

