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© Martin Bissig

Am Gipfel des Genusses: Neuer Weltrekord für Tom Öhler

Mit seinem neuesten Projekt setzt Tom Öhler auf Genuss statt reine Leistung. Auf einem E-Mountainbike stellte er einen neuen Weltrekord auf und befuhr innerhalb eines Tages 15 Gipfel. Dabei ging es ihm weniger um Geschwindigkeit, sondern um den ultimativen „Gipfelmoment“ – die Freude an der Natur und dem Fahrspass. Nach 14 Stunden, 102 Kilometern und 5.550 Höhenmetern feierte er nicht nur einen persönlichen Erfolg, sondern stellte auch einen beeindruckenden Rekord auf.

“Haibike hat mich letztes Jahr mal angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust hätte auf einen Weltrekord.” Was für die meisten von uns nach einer ungewöhnlichen Eröffnung für ein Telefonat klingt, ist für Tom Öhler alles andere als abwegig. Schliesslich hält der Haibike-Rider nicht nur den Weltrekord für den höchsten Wallclimb, sondern auch die Bestzeit über 400m Hürden auf einem Fahrrad. Soweit so gut. Doch ein neuer Weltrekord soll für Tom etwas Besonderes sein und vor allem zu ihm passen. Jetzt ist er zwar professioneller Radsportler, doch mit reiner Höhen-, Tiefen-, oder Kilometerjagd kann er sich nicht identifizieren - eine bessere Idee muss her.

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Was ist Genuss?

Zum Thema Genussradfahren zeichnen die meisten unserer inneren Augen wohl Bilder von malerischen Flussradwegen, Gepäckträgern mit Picknickkörben und möglichst niedrige Einstiege an möglichst starken E-Bikes. Wenn Trial-Weltmeister und Haibike-Athlet Tom Öhler erklärt, dass er “mehr so ein Genussradler ist”, werden diejenigen Schmunzeln, die Tom schon live in seinem natürlichen Habitat nebst Steinböcken und Murmeltieren bestaunen durften.

“Klar liebe ich es, technisch anspruchsvolle Trails in ausgesetztem, alpinen Gelände zu fahren. Aber mein Lieblingsmoment am Rad ist es, am Gipfel zu stehen, die Berge zu bestaunen und die Vorfreude auf den nächsten Trail zu spüren. Das ist für mich purer Genuss! Und mich hat dann interessiert, wie oft ich diesen Gipfelmoment an einem Tag erleben kann.” So war die Idee zum Rekord geboren: Wie viele Berggipfel kann Tom Öhler an einem Tag mit seinem E-Mountainbike abfahren? 

So weit, so nachvollziehbar. Doch was jedenfalls nach einem richtig geilen Tag klingt, erfordert akribische Planung, präzise Fahrtechnik, Ausdauer und vor allem eine gehörige Portion Konzentration. Schliesslich geht es ja nicht nur um den Spass an der Freude, sondern um einen neuen Weltrekord.

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Kein Spiel ohne Regeln

Jeder Rekord braucht klar definierte Spielregeln und eine offizielle Stelle, die das ganze Unterfangen überwacht. “Am Anfang stand die Frage, was ist überhaupt ein Gipfel?”, erklärt Tom. Otto-Normal-Biker wundert sich jetzt vielleicht über die triviale Frage. Schliesslich weiss das jedes Kind. Der Gipfel ist die Spitze des Berges. Fertig. Auf den zweiten Blick ist das Thema jedoch ziemlich komplex, denn Gipfel ist nicht gleich Gipfel. Prominenz, Dominanz und Höhe sind Kriterien, die einen stattlichen Gipfel von einer lieblichen Anhöhe unterscheiden. Wer ganz genau wissen will, nach welcher Definition Tom seine Gipfel gewählt hat, kann hier noch Tiefer in die erhebende Welt der Orographie eintauchen. 

Abgesehen von einer allgemeingültigen, weltweit reproduzierbaren Gipfel-Definition müssen Tagesrekorde im Sinne des Deutschen Rekordinstituts (RID) innerhalb von 16 Stunden erreicht werden. Vorgabe des RID war es ausserdem, mindestens 10 Gipfel zu machen. Und nachdem Tom den Rekord mit seinem E-Mountainbike aufstellen wollte, durfte er seinen Akku zwar so oft wechseln wie er wollte, allerdings musste das zuvor festgelegt werden. Und für Tom persönlich war klar: “Ich will so viel wie möglich auf Trails hinauf treten und bergab muss jeder Meter fahrbar sein, sonst macht das für mich keinen Sinn und keinen Spass.” Wohlgemerkt - was für Tom mit dem E-Mtb fahrbar ist, ist für viele eher Terrain, das festes Schuhwerk und ein Klettersteigset erfordert.

Mit festgelegten Spielregeln, musste Tom nur noch einen passenden Ort für sein Vorhaben finden.

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Das Spielfeld

Mit Davos/Klosters war eine geeignete Region schnell gefunden, denn als Bikebotschafter, kennt Tom das Gebiet sehr gut und weiss, dass es kaum eine bessere Adresse für sein Vorhaben gibt. “Für die Geschichte braucht es ein möglichst flächendeckendes Wegenetz, und vor allem eine Gesetzeslage, die es erlaubt, grundsätzlich alle Wege mit dem Mountainbike zu befahren.” Hier ist Davos perfekt, denn in Graubünden darf jeder Trail befahren werden, der nicht verboten ist. Für die meisten Biker ist es jedoch nicht ratsam, die offiziellen Trails zu verlassen, weil die Steige sehr bald sehr ausgesetzt, sehr technisch und sehr steil werden. Zudem glänzt das ausgeschilderte Trailnetz in Davos Klosters auch so mit Banks und Takeoffs, die für sich schon sensationelle hochalpine Erlebnisse am Bike ermöglichen. 

“Das riesige, für Mountainbikes optimierte Trailnetz hat mir bei der Umsetzung sehr geholfen und die Route erst so richtig lohnend und spassig für mich gemacht.” Mit den markanten Bergketten rund um Jakobshorn, Pischahorn und Weissfluhgipfel liefert Davos auch genügend Gipfel in relativ kurzer Distanz, was für Toms Rekord ebenso wichtig war. Mit Komoot plante Tom bald seine Route in drei Schleifen rund um Davos und mit dem Plan in der Tasche konnte es losgehen.

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Der Rekordtag

“In der Nacht davor hab ich echt wenig geschlafen, weil noch einiges zu organisieren war und ich auch aufgeregt war. Ich wusste zwar, dass es geht, aber schiefgehen kann immer was.”, schildert Tom die ruhelosen Stunden. Um 05:30 war es dann endlich soweit. “Beim Start in die erste Schleife zum Jakobshorn war ich richtig happy und hab gleich in meinen Flow reingefunden.” Knapp 3 Stunden und 5 Gipfel später, erreichte Tom wieder die Start/Ziel-Base am Seehofseeli in Davos, wo er sich kurz für die nächste Schleife stärkte. 

Denn jetzt startete er in den vermeintlich schwierigsten Teil mit dem längsten Anstieg Richtung Pischahorn. “Da hat dann auf einmal im Anstieg mein Knie begonnen zu zwicken, aber irgendwie konnte ich trotzdem weiterfahren. Im Downhill hat es zum Glück keine Probleme gemacht und beim Tragen auch nicht.” Denn auch wenn Tom bergab alles gefahren ist, war das auf so manchen Gipfel uphill nicht möglich. Zwar heisst es: Wer sein Rad liebt, der schiebt. Aber in diesem Gelände hat Tom sein Hybe insgesamt sogar 400 Höhenmeter auf Händen getragen. Nach 5 Stunden am Trail und weiteren 6 Gipfeln am Konto fuhr er wieder an der Base ein, um seine physischen Akkus zu laden.

“Während der Pause habe ich was gegessen und bin nach 9 Stunden am Bike ein bisschen runtergekommen. Dadurch spürte ich die Müdigkeit und in Verbindung mit den Schmerzen im Knie war der Start zur dritten Schleife zum Weissfluh Gipfel auf 2843 Metern sicher am härtesten”, schildert Tom. “Ab dem Punkt, wo ich dann ganz oben war, über den vorletzten Gipfel bis zum Chörbschhorn rüber war ich einfach in meinem Superflow. Das war das coolste und genussvollste Stück des Tages.” 

Kurz vor 18:00 kam Tom schliesslich am 15. und letzten Gipfel des Tages, dem Chörbschhorn an und wurde von seiner Frau und einigen Freunden freudestrahlend empfangen. “Das war ein ganz besonderer Moment und nach so vielen Stunden alleine am Bike nur in Begleitung von zahlreichen Drohnen, war es richtig cool, die letzte Abfahrt mit anderen zu teilen.”

Schliesslich fuhr Tom nach 14 Stunden ein letztes Mal überglücklich am Seehofseeli ein und hat mit 15 befahrenen Gipfeln und einem seiner besten Bike-Tage überhaupt einen neuen Weltrekord in der Tasche.

Toms Fazit zum Rekord: “Es war ein richtig cooler Tag am Berg und echt anstrengend. Nach 14 Stunden in dem Gelände bin ich nicht nur körperlich, sondern auch mental müde, weil du hier wirklich keinen Scheiss bauen darfst! Aber wenn ich mir jetzt die Berge rundherum anschaue, auf denen ich heute war, bin ich super happy und begeistert, was mit dem Radl alles möglich ist. Trotz der krassen Distanzen bleibt mit dem E-Bike genug Energie, um jeden Trailmeter voll abzufeiern.” Ob er denkt, dass sein Rekord gebrochen werden kann? “Ich kann es jedenfalls empfehlen, es zu probieren - ein geiler Tag wird’s mit Sicherheit!”, grinst Tom.

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