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Pimp my Ride
Bikes aus einem Guss

Text: Thomas Werz, Stefanus Stahl
02.02.2021

Alles andere als 0815

Geile Parts, ausgefallene Lackierung, alles individuell angepasst: echter Bike Porn eben! Wer sich seinen Traum auf zwei Rädern erfüllen möchte, muss nicht zwingend Teile-Nerd oder Schrauber sein. Immer mehr Hersteller hören den Wunsch nach Individualität und unterstützen bei der Konfiguration des persönlichen Custom-Bikes. Wir haben uns umgeschaut, damit das nächste Bike alles andere als 0815 wird. 
Bikes von der Stange waren gestern. Denn jede und jeder hat andere Vorlieben, eine andere Statur und andere Hometrails. Es gibt nicht das eine Bike für alle, und seien wir ehrlich: Einheitsbrei steht doch bei niemandem ganz oben auf der Speisekarte. Aber viel zu häufig ist der Weg zum Custom-Bike lang und steinig: Da muss das Bike entweder ganz aus Einzelteilen aufgebaut oder erst als Standardkonfiguration gekauft und modifiziert werden. Beides kostet viel Zeit und Geld. Mal ganz abgesehen davon, dass nicht jeder ein Profi-Schrauber mit kompletter Werkstatt ist. Doch wie werden aus hitzigen Träumen richtig heisse und vor allem ganz individuelle Traumbikes?
Koba-Bikes aus Buchs im Rheintal setzt seit 1991 auf maximale Individualisierung. So kann der Kunde neben allen Parts und der Farbe sogar den Glanzgrad der Lackierung wählen.

 
Foto: Koba
Pimp my Ride  Bikes aus einem Guss
Koba-Bikes aus Buchs im Rheintal setzt seit 1991 auf maximale Individualisierung. So kann der Kunde neben allen Parts und der Farbe sogar den Glanzgrad der Lackierung wählen.

 

Koba Bikes: Bikes aus einem Guss

Die vielleicht längste Erfahrung in Sachen Custom-Bikes bringt Koba Bikes aus Buchs im Rheintal mit. «Wir haben nichts auf Lager, für uns gibt es keine Standard-Bikes – die einzigen Bikes, die wir ohne speziellen Kundenwunsch aufbauen, sind die Fotosamples», sagt Jan Koba. «Alles andere ist pur custom-made. Und das schon seit 1991.» An die eigens entwickelten Rahmen kommen nur Teile nach Kundenwunsch, und auch bei der Farbe dürfen sie sich austoben. Für den Rahmen können zwei beliebige Farben, der Farbverlauf oder -übergang frei gewählt werden. Möglich macht’s die Lackiererei in Mels, die auch die individuellen Aufkleber auf dem Rahmen platziert, bevor der Klarlack folgt. Dass der Kunde über den Glanzgrad der letzten Lackschicht entscheidet, ist dann schon fast selbstverständlich. Und falls noch der Name aufs Oberrohr soll, unterstützt Koba Bikes obendrein bei der Gestaltung des Schriftzugs. Das Ziel ist ein Bike aus einem Guss: Und dazu gehören farblich passende Decals auf Gabel und Dämpfer ebenso wie die passenden Naben und Felgen.
«Wir haben nichts auf Lager,
für uns gibt es keine Standard-Bikes.»

Jan Koba
, Geschäftsführer Koba
Die Konfiguration erfolgt auf der Homepage und umfasst alles, was man sich vorstellen kann: von der Anzahl der Spacer unterm Vorbau über die Farbe der Speichennippel bis zur Lenkerbreite. Das ist jedoch ausdrücklich nicht am Ende der online aufgeführten Optionen: «Die Website generiert einen Konfigurationscode, mit dem der Kunde zu uns oder zum Händler kommt», erklärt Jan Koba. Falls diese Konfiguration noch nicht zu 100 Prozent dem entspricht, was sich jemand vorgestellt hat: kein Problem. Auch dank der grossen Routine muss niemand lange auf sein Custom-Koba warten: Bei Standardfarben kann der Individualaufbau in drei Tagen beim Händler für die Übergabe bereitstehen; selbst mit Sonderfarben und Grafiken liegen in der Regel nur drei Wochen zwischen Wunsch und Traumrad. Die Auslieferung der Bikes und die Übergabe an den Kunden geschieht dann bei einem der über 20 Koba-Händler in der Schweiz – oder auch in ganz Europa.
Aus Einzelteilen wird das Bike nach Wunsch zusammengestellt.
Foto: Koba
Pimp my Ride  Bikes aus einem Guss
Aus Einzelteilen wird das Bike nach Wunsch zusammengestellt.
Für Style Fanatiker: Individualisieren des Vorbaus bei Koba
Foto: Koba
Pimp my Ride  Bikes aus einem Guss
Für Style Fanatiker: Individualisieren des Vorbaus bei Koba

Transalpes Bikes: Ungebremste Konfigurationslust

Auch bei Transalpes Bikes gab es eigentlich noch nie Bikes von der Stange. Inhaber Stefan Gruber beschäftigt sich schon seit 2007 mit Custom-Aufbauten. Dass die Ausstattung individuell zusammengestellt werden kann, ist hier nur der Anfang. Ein Konfigurator auf der Website erlaubt direkt die Auswahl der Anbauteile, von der Kurbel bis zum Bremshebel. Preis und Gewicht werden dabei live kalkuliert. Die Konfigurationslust wird erst dann gebremst, wenn selbst die Speichennippel in Wunschfarbe gewählt sind. Wer dann immer noch nicht zu 100 Prozent zufrieden ist, der sollte unbedingt zum Telefonhörer greifen und sich direkt bei Stefan melden. Denn für ihn ist der Anspruch klar: «Ein Bike muss von vornherein perfekt sein. Der Kunde soll die ganze Saison damit fahren können, ohne etwas anpassen zu müssen.» Damit das gelingt, steht neben dem optischen Tuning, also beispielsweise farblich passenden Speichennippeln, Naben, Decals auf Gabel und Dämpfer, natürlich auch das funktionale Tuning auf der Agenda. Während der Dämpfertune für 98 Prozent der Kunden als passend befunden wird, wird dagegen das Innenleben der Federgabel gerne modifiziert, um der Kundschaft mehr Freude auf dem Trail zu bereiten. Für Gruber stehen hier drei Fragen im Vordergrund: «Wie fährst du? Wo fährst du? Und wohin willst du dich entwickeln?»
Neu im Angebot ist die Do-it-yourself-Variante. Dabei kann der Kunde die Chefmechanikerin beim Aufbau seines Bikes unterstützen. So ist er bereits vor der ersten Ausfahrt mit seinem neuen Bike perfekt vertraut. Nach dem gemeinsamen Aufbau kennt er jede Schraube und traut sich so auch hinterher eher, selbst etwas anzupassen. Stichwort anpassen: Die Übergabe des Bikes sehen die Zwillikoner als essenziell an: So werden Lenkerbreite und -höhe sowie das Fahrwerk schon vorab bestmöglich auf Gewicht und Grösse eingestellt. Dann gibt es ein finales Setup, bevor Bike und Biker auf die Trails entlassen werden.
Keine Stangenware: Transalpes Bikes setzt seit der Gründung 2007 auf Custom-Aufbauten – optisch und funktionell. Wie hier das neue Transalpe C2.
Foto: Transalpes / Ralph Bensberg
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Keine Stangenware: Transalpes Bikes setzt seit der Gründung 2007 auf Custom-Aufbauten – optisch und funktionell. Wie hier das neue Transalpe C2.
Hand angelegt: Damit Bike und Kunde eine perfekte Symbiose bilden wird hier noch von Hand geschraubt.
Foto: Transalpes / Ralph Bensberg
Pimp my Ride  Bikes aus einem Guss
Hand angelegt: Damit Bike und Kunde eine perfekte Symbiose bilden wird hier noch von Hand geschraubt.

Bold Cycles: Klick für Klick zum Traumbike

Den Versuch, Bikes in einer Standardkonfiguration zu verkaufen, hängte man bei Bold Cycles in Biel bereits zwei Monate nach Gründung der Firma an den Nagel. Das hat zwei Gründe: Erstens passt es nicht, das spezielle Rahmendesign mit dem innenliegenden Dämpfer mit einer gewöhnlichen Ausstattung aufzubauen. Zweitens erfolgt die Montage ohnehin in der Schweiz, und wenn die Komponenten sowieso auf Lager liegen, kann man sie auch gleich nach Kundenwunsch montieren. Schnell war der Online-Konfigurator geboren – Klick für Klick geht es zum Traumbike.
«Passend zu Events oder Athleten gibt es
Bikes in einer limitierten Sonderfarbe.»

Vinz Droux
,
Gründer Bold Cycles
Während bisher nur wenige Farben für den Rahmen zur Auswahl stehen, soll das Angebot in Zukunft noch deutlich spezieller werden. «À la carte» nennen die Jungs von Bold den Aufbau nach Bestellung. Die meisten besuchen dazu den Showroom des Headquarters in Biel, in dem man die Vorzüge verschiedener Produkte nicht nur anhand von Zahlen oder Fotos, sondern mit echten Teilen und Testfahrten auf den Trails erfahren kann. Eine weitere Besonderheit stellen die Limited Editions dar: Hier wird passend zu Events oder Athleten eine limitierte Sonderfarbe gewählt. Zusätzlich stehen Kleinserien wie die «Schwarzwald Edition» auf der Agenda, bei denen sowohl die Farben als auch die Komponenten einem regionalen Thema folgen. So wird hier der Rahmen mit Bremsen und Teilen aus dem Schwarzwald kombiniert, Komponenten, die «hinsichtlich der Wertigkeit eine ideale Ergänzung zu unseren Rahmen darstellen», erklärt Bold-Gründer Vincenz Droux. Zum Bold führen für Interessenten übrigens zwei unterschiedliche Wege: die Selektion im Online-Konfigurator, bei der Bold selbst den Aufbau vornimmt, oder der vollständig individuelle Aufbau des Rahmensets durch einen Fachhändler. Wer über die Ausstattung hinaus sein Bike anpassen will, der kann schon direkt ab Werk sein Fahrwerk auf sein Gewicht oder spezifische Bedürfnisse anpassen lassen. In naher Zukunft wird Bold übrigens an noch mehr Orten erlebbar – über die Schweiz verteilt werden Kompetenzzentren für den Verkauf und Service entstehen.
Bei Bold Cycles lassen viele Kunden ihr Bike in Biel konfigurieren. Der Vorteil: So können sie verschiedene Setups direkt auf dem Trail testen.
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Bei Bold Cycles lassen viele Kunden ihr Bike in Biel konfigurieren. Der Vorteil: So können sie verschiedene Setups direkt auf dem Trail testen.

ORBEA MyO: Individuell ohne Zusatzkosten

Die baskische Traditionsmarke Orbea hat sich mit dem MyO-Programm ebenfalls voll der Individualisierung verschrieben. An ihrem Hauptstandort in Mallabia, im Hügelland auf halbem Weg zwischen Bilbao und San Sebastián, werden aus nackten Carbon-Rahmen und edlen Teilen Custom-Bikes. «Das MyO-Programm ist das Herz von Orbea», sagt Javier González, Sales Manager von Orbea. Mit dem Ziel, dem Kunden eine ziemlich hohen Grad an Individualisierung, ohne einen ziemlich hohen Preis zu ermöglichen. Denn die individuelle Lackierung kostet bei Orbea keinen Aufpreis. 2008 hatten sich die Basken zu diesem Schritt entschlossen, «es war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten», sagt Javier. Und die Nachfrage ist hoch – um 30 Prozent stieg der von MyO-Bikes innerhalb von drei Jahren. Erst vor etwas mehr als einem Jahr wurden mehrere Millionen Euro in eine hochmoderne Lackiererei investiert. Jeder Rahmen, der hier auf seine Bearbeitung wartet, hat bereits einen Besitzer. Denn die hochpreisigen Modelle werden nur auf Bestellung produziert. Die aufwendige Lackierung ist bei Orbea nach wie vor Handarbeit. In mehreren Schritten werden die verschiedenen Lacke aufgetragen. Anschliessend wird jeder Rahmen optisch und händisch auf kleinste Verunreinigungen untersucht – im Zweifel wird nachgebessert. «Hier geht kein Rahmen raus, der einen Fehler hat», verspricht Javier González. Aus der Lackiererei wandert der Rahmen dann in die Produktion, wo die einzelnen Parts an den Custom-Paint-Rahmen montiert werden. Der Weg zum Custom-Orbea startet je nach Auftragslage etwa zwei Monate zuvor, entweder beim Händler oder auf der Website. Im Online-Konfigurator wird zuerst das Modell in einer ersten Ausstattungsvariante gewählt, im weiteren Verlauf kann der Kunde für die zweifarbige Lackierung samt Logo jeweils zwischen 22 Farben wählen. In einem weiteren Schritt werden zudem noch diverse Parts wie Bremsen, Dämpfer, Laufräder oder Sattelstütze oder Vorbau individualisiert. Vom Baskenland aus gehen die Bikes dann in 60 Länder – um nach einem letzten Setup beim Händler des Vertrauens auf die Trails entlassen zu werden.

Individuelles Design: Online konfiguriert, wird das MyO-Bike direkt bei Orbea in Mallabia lackiert und aufgebaut.
Foto: Orbea
Pimp my Ride  Bikes aus einem Guss
Individuelles Design: Online konfiguriert, wird das MyO-Bike direkt bei Orbea in Mallabia lackiert und aufgebaut.
Schwere Entscheidung: Orbea stellt für die zweifarbige Lackierung und das Logo 22 Farben zur Wahl.
Foto: Orbea
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Schwere Entscheidung: Orbea stellt für die zweifarbige Lackierung und das Logo 22 Farben zur Wahl.

Trek Project One: Am Limit des Machbaren

Bei Trek firmiert der Traum vom Individualbike seit einigen Jahren unter dem selbsterklärenden Namen Project One. Und jedes Trek, das auf diesem Weg konfiguriert wird, soll ein Einzelstück sein. Dabei muss man den Jungs aus Waterloo, Wisconsin, eines lassen: Vor allem in Sachen Lackierung gehen die Amerikaner so ziemlich ans Limit des Machbaren, holen alles aus den Farbpigmenten, was man sich so vorstellen kann. Damit wird sichergestellt, dass die Räder absolute Hingucker sind. So ist es beispielsweise neben vielen einfarbigen Optionen möglich, Farbverläufe in jeder Farbe des Regenbogens auszuwählen. Und wem selbst zwei Farben mit zusätzlich farblich abgehobenen und auch textlich individualisierbaren Schriftzügen nicht genug sind, der sollte sich die «ICON»-Lacke ganz genau anschauen. Das sind spezielle Effektlacke, die beispielsweise mit Metal Flakes für besonderes Metallic-Schimmern sorgen, sodass die Rahmen je nach Licht und Betrachtungswinkel unterschiedlich und immer interessant aussehen. Die Farben lassen sich in Worten kaum beschreiben, daher gilt: anschauen! Zum Beispiel im sehr detaillierten Online-Konfigurator, der tatsächlich jede Komponenten-Option und jede Farbe darstellt – ein Aufwand, den bis heute nicht viele Hersteller bieten.
Auf LSD-Trip? Die Icon-Lacke der Trek Project-One-Bikes leuchten und glitzern in allen Farben des Regenbogens.
Foto: Trek Bikes
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Auf LSD-Trip? Die Icon-Lacke der Trek Project-One-Bikes leuchten und glitzern in allen Farben des Regenbogens.
Nach der Konfiguration wird die Bestellung dann übrigens über einen Händler abgewickelt, der anschliessend die Übergabe macht. Die individuellen Rahmen werden in Waterloo lackiert und anschliessend mit den individuellen Komponenten in Deutschland vormontiert. Der finale Aufbau samt Setup erfolgt beim Händler direkt. Bis das Schmuckstück beim Kunden ist, vergehen zehn bis 45 Tage. Übrigens: Sollte man sein persönliches Project One Trek tatsächlich kaputt machen, tut das natürlich besonders weh. Doch auch die Unikate laufen unter der normalen Garantie und Einzelteile können passend neu lackiert werden.

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