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Alles fit
im Schritt

Text: Ralf Glaser
05.08.2019
Selbst bei guter Fitness bleiben lange Anstiege gefürchtet. Wenn der Druck auf die Sitzbeinhöcker steigt, die Haut zu brennen beginnt oder gar die Genitalien «einschlafen», wird auch die schönste Tour zur «Tortour». Abhilfe schafft nicht nur ein individuell passender Sattel. Ebenso wichtig ist die Bikehose als «Bindeglied» zwischen Sattel und Fahrer. Doch was muss eine Bikehose können, um maximalen Komfort zu bieten? Für Joël Grab von Assos ist die Antwort klar: «Eine Bikehose ist dann perfekt, wenn man sie nicht spürt.» Aber so einfach wie es klingt, ist es nicht. Bei Assos im Tessin tüftelt man seit über 40 Jahren daran, sich diesem Ideal anzunähern. Die Entwicklung eines neuen Modells nimmt schon einmal fünf Jahre in Anspruch. Bis zur Serienreife werden bis zu 80 Prototypen gefertigt und akribisch getestet. Doch welches sind nun die Knackpunkte beim Kauf?

Bib oder Baggy – nur eine Stilfrage?

Race-orientierte Biker bevorzugen hauteng anliegende «Bibshorts». Sie bieten Leichtgewicht und maximale Bewegungsfreiheit. Doch auch die Aerodynamik spielt eine Rolle. Eng anliegende Kleidung bringt auf einer Strecke von 20 Kilometern einen Zeitvorteil von bis zu 70 Sekunden. Auf Tour ist dieser Zeitgewinn weniger relevant: Legere Schnitte schlagen die reine Performance. Inzwischen bevorzugt das Gros der Biker eine Kombination aus Innenhose mit Sitzpolster und einer weit geschnittenen Short. Der Komfort einer Hose steht und fällt jedoch mit deren Sitzpolster. «Damit das Sitzpolster ideal funktioniert und Scheuerstellen vermieden werden, muss die auf der Haut getragene Hose eng geschnitten sein», erklärt Joël Grab. Doch dies ist nicht das ganze Geheimnis.

High Tech beim Sitzpolster

Das Wichtigste vorab: Das Sitzpolster muss zur Anatomie des Trägers passen. Knackpunkt ist die Position der Polsterungen in Bezug zu den Sitzbeinhöckern. Bei Assos kommt an dieser Stelle ein schnell trocknender, sogenannter «Memory Foam» zum Einsatz. Dieser passt sich bei Belastung der Anatomie an. Doch sobald der Fahrer aus dem Sattel geht, nimmt der Schaum sofort wieder die ursprüngliche Form ein. So wird ein Durchsitzen der Polsterung vermieden – eine häufige Ursache von Schmerzen. Wichtig ist auch die Gestaltung des Polsters im Schambereich. Um den Druck zu minimieren, sollte es an dieser empfindlichen Stelle dünner ausgeführt sein. Das Polster etwa der Assos XC Shorts oder Rallye Shorts ist aufwändig vorgeformt. Durch den entstehenden «Trichter» wird der Druck auf die Weichteile wirkungsvoll reduziert. Ein weiterer Faktor ist die Härte der Polsterung. Auch wenn weiche Sitzpolster beim Anprobieren komfortabler wirken: Oftmals rühren Schmerzen von einem zu weichen Polster her, das sich unter dem Gewicht des Fahrers «durchsitzt». Tatsächlich benötigen die Sitzbeinhöcker einen definierten Auflagepunkt. Ist das Polster zu weich, schwimmt das Becken auf dem Sattel. Die Folge sind Reizungen des empfindlichen Gewebes, Schwellungen oder gar Entzündungen. Vielfahrer bevorzugen daher meist ein strafferes Polster. Doch auch dessen Positionierung ist wichtig. Racer mit einer gestreckten Sitzhaltung benötigen das Sitzpolster etwas weiter vorne und in leicht anderem Schnitt als Trailfahrer, die aufrechter im Sattel sitzen.

Nahtlos bequem: Der Schnitt

Besonderes Augenmerk sollte man auch den Nähten widmen. «Je weniger Nähte eine Bikehose hat, desto besser», erklärt Joël Grab. «Aber auch die Position der Nähte ist wichtig. Dort, wo der Oberschenkel am Sattel reibt, sollte sich gar keine Naht befinden». Doch auch an weniger kritischen Stellen macht die Ausführung der Nähte den Unterschied. Assos setzt auf aufwändig gestaltete Flachnähte, die den Komfort massgeblich erhöhen. Sind die Nähte dagegen unvorteilhaft positioniert oder tragen sie nach innen auf, kann dies dem Träger den Spass an der Ausfahrt nachhaltig verderben. A propos Träger: Reine Geschmackssache ist dagegen die Frage, ob man ein Modell mit Gummizug an der Hüfte oder eins mit Hosenträgern bevorzugt. Letztere bieten Halt, ohne Druck auf den Unterleib auszuüben. Sie werden oft als bequemer empfunden und erlauben eine freiere Atmung. In Kombination mit einem Rucksack bilden Hosenträger dagegen eine potentielle Quelle für Druckstellen. Ausserhalb der CC-Racer-Szene finden Bikehosen mit Trägern daher zunehmend geringere Verbreitung. Wenig Gegenliebe finden diese Hosen auch bei Frauen. Spätestens beim Weg zur Toilette sind herkömmliche Modelle schlicht unpraktisch. Assos bietet Frauen daher ein auf die weibliche Anatomie zugeschnittenes Trägersystem, das eine Erleichterung ohne Verrenkungen oder Entblössungen erlaubt.
Die Assos Sitzpolster sind ab der mittleren Preisklasse aufwendig vorgeformt und erlauben so eine effektive Druckentlastung.
Foto:
Alles fit im Schritt
Die Assos Sitzpolster sind ab der mittleren Preisklasse aufwendig vorgeformt und erlauben so eine effektive Druckentlastung.
Um die eigenen, hohen Standards in der Fertigung und Qualitätssicherung von Bike-Bekleidung erfüllen zu können, hat Assos eine eigene Produktionsstätte in Bulgarien aufgebaut. Man legt Wert auf eine gerechte Entlohnung der Arbeiter und fertigt nach der Prämisse «Qualität statt Quantität».
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Um die eigenen, hohen Standards in der Fertigung und Qualitätssicherung von Bike-Bekleidung erfüllen zu können, hat Assos eine eigene Produktionsstätte in Bulgarien aufgebaut. Man legt Wert auf eine gerechte Entlohnung der Arbeiter und fertigt nach der Prämisse «Qualität statt Quantität».

Sinn und Unsinn der Baggys

Für die meisten CC-Racer sind Baggys ein No-go. Biker ohne Wettkampf-Ambitionen würden sich dagegen niemals «unten ohne» auf dem Trail blicken lassen. Klar ist, dass die zusätzliche, meist gröbere Schicht Stoff bei Stürzen besser vor Hautabschürfungen schützt. Darüber hinaus sollte auch bei Baggys die Form der Funktion folgen. Die Hosenbeine müssen weit genug geschnitten sein, um Knieschonern nicht in die Quere zu kommen. Der hängende «Baggystyle» in Hüfte und Schritt hat jedoch beim Radfahren nichts verloren. Gerade beim Trailfahren wird die Position der Hüfte häufig gewechselt. Bei einem zu weiten Schnitt im Schritt kommt die Hose unweigerlich mit dem Sattel ins Gehege – im schlimmsten Falle kann dies sogar zu Stürzen führen.

Fazit

Da sich «Sitzkomfort» ein gutes Stück weit mit «Spass am Biken» gleichsetzen lässt, zählt die Radhose zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen. Deren Passform muss vor allem der individuellen Anatomie entsprechen. Doch darüber hinaus macht eine Summe kleiner Details den Unterschied. Die Herstellung einer aufwändigen Bikeshort benötigt bis zu 60 Arbeitsschritte. Eine gute Radhose kann daher nicht billig sein. Doch das Geld ist gut investiert. Ihr Po wird es positiv sehen.

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