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Interview: Ramona Forchini

17.10.2022

Mit ihrem dritten Weltmeistertitel, einem ersten Weltcup-Podestplatz in der Elitekategorie und konstanten Platzierungen innerhalb der Top 16 blickt Ramona Forchini auf eins der erfolgreichsten Jahre ihrer Rennkarriere zurück. Im Interview spricht die 28jährige Toggenburgerin über die Gründe, ihre Ziele und über die Hürden, die eine Athletin an der Schwelle zur Weltspitze überwinden muss. 

Die Rennsaison 2022 ist Geschichte – wie lautet Dein persönliches Fazit? 
Für mich war es eine der erfolgreichsten Saisons. Vor allem im Bereich Weltcuprennen. Mit Rang 14, 16, 11, 3 und 10 war die vergangene Saison ein regelrechter Steigerungslauf. Leider erwischte ich direkt vor den beiden Grossanlässen EM und WM im August eine Erkältung. Diese machte mir das Saisonende sehr schwer. Ansonsten bin ich aber sehr zufrieden mit meiner Leistung im 2022.
Nach einer etwas durchwachsenen Saison 2021 hast Du dieses Jahr zu mehr Konstanz gefunden – welches waren die Erfolgsfaktoren? 
Der Unterschied war, dass ich dieses Jahr meine Gesundheit besser im Griff hatte. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer so. Infekte bereiteten mir oft Mühe eine Konstanz in die Saison zu bringen. Einige betiteln mich als Wundertüte. Wahr, für diejenigen, die nicht wissen, wie meine Rennvorbereitung war. Unwahr für alle, die wissen, unter welchen Voraussetzungen ich stand. Bin ich gesund, habe ich mein Potenzial bisher immer abrufen können. Doch all diese Rückschläge haben mich im Nachhinein gesehen stärker und klüger gemacht.
Foto: Jaroslav Svoboda
Interview: Ramona Forchini
Foto: Maxime Schmid
Interview: Ramona Forchini
In Andorra bist Du erstmals auf dem Weltcup-Podest gestanden, dazu der Weltmeistertitel in der XCR Teamwertung. Mit welchen Zielen vor Augen wirst Du diesen Winter trainieren? 
Genau, in der Elitekategorie war das mein erstes Weltcup Podium. Im U23 und U19 Alter durfte ich das Podest 2x besteigen. Aber in der höchsten Klasse die Bronzemedaille zu feiern, ist etwas ganz Spezielles. Diese Erfolge bestärken meinen eingeschlagenen Fahrplan und werden mich nicht mit anderen Zielen vor Augen in den Winter schicken, sondern mit einer zusätzlichen Portion Motivation.
Welche Leistungspotenziale möchtest Du noch besser ausschöpfen? 
Da gibt es noch viele Bereiche, in denen ich mich verbessern möchte. Sei das im mentalen Bereich, in welchem ich bis anhin noch nicht arbeitete, oder auch im Bereich der Fahrtechnik und Materialoptimierung.

«Einige betiteln mich als Wundertüte. Wahr, für diejenigen, die nicht wissen, wie meine Rennvorbereitung war.»

Welchen Stellenwert hat das Material in unserem Sport? 
Das Bike ist unser Arbeitsgerät und hat einen immensen Einfluss auf unsere Rennleistung, es muss zu 100% passen. Seit zwei Jahren bin ich auf der tschechischen Marke Superior unterwegs und bin sehr zufrieden. Zwei, drei kleine Veränderungen aufs kommende Jahr werden das Bike zu einer regelrechten Waffe umwandeln.
Foto: Maxime Schmid
Interview: Ramona Forchini
Foto: Jaroslav Svoboda
Interview: Ramona Forchini
Es scheint, dass Radsportler:innen immer vielseitiger werden. Du selbst hast einen Weltmeisterinnentitel im Cross-Country Olympic, im XC Marathon und dieses Jahr in der XCR Teamwertung eingefahren. Ein Extrembeispiel ist Tom Pidcock, der einen Monat nach seinem Etappensieg bei der Tour de France in München XC-Europameister wurde. Ist Vielseitigkeit der Schlüssel zum Erfolg? Oder sollte man sich auf die individuell stärkste Disziplin konzentrieren? 
In der Jugendkategorie war ich lange Zeit die Einzige, die sich im Strassensport wie auch auf dem MTB etablieren wollte. Damals hat das Swiss Cycling nicht unterstützt. Man musste sein Commitment für eine Disziplin mitbringen. Ein Beispiel: Ich wollte im Jahr 2013 unbedingt auch an der U23 Strassen- wie Einzelzeitfahreuropameisterschaft teilnehmen. Das, weil ich in diesem Jahr mein Leistungspotenzial auf der Strasse kannte. Leider überschnitt sich ein Strassen-Trainingscamp mit meiner damaligen Arbeitsstelle. Ich wurde deshalb nicht selektioniert für die Strassen-EM in Nyon. An der Zeitfahr-EM durfte ich starten und holte Bronze für die Schweiz! Eine historische Bronzemedaille für die Schweiz. Heute wird genau in die andere Richtung gearbeitet. Eine disziplinenübergreifende Ausbildung steht heute bei Swiss Cycling in der Jugendkategorie im Vordergrund. Auch in der Elitekategorie wird disziplinenübergreifend gearbeitet. Siehe Tour de Suisse mit den MTB-Damen. Oder auch Nicole Koller an der Teamzeitfahr-WM. Vielleicht wurde erkannt, dass eine Zweigleisigkeit mit einer guten Planung möglich ist.
Foto: Maxime Schmid
Interview: Ramona Forchini
Eins der Highlights im abgelaufenen Wettkampfjahr: der Gewinn der Teamweltmeisterschaft in Les Gets.
Foto: Staron Photo
Interview: Ramona Forchini
2022 gelang Ramona Forchini auch ihr erstes Weltcup-Podest in der Elite: Platz 3 in Andorra.
Im nächsten Jahr wird auch Enduro Teil des Weltcup-Kalenders sein. Bei zwei Rennen werden sogar alle vier Disziplinen an einem Wochenende ausgetragen. Wird es dadurch schwieriger werden, Aufmerksamkeit für die eigene Leistung zu generieren? 
Ich bin sehr gespannt auf die Änderungen und kann die Auswirkungen noch nicht abschätzen. Ich hoffe einfach, dass es unseren Sport v.a. unseren Frauenmountainbikesport weiter bringt und organisatorisch nicht verkompliziert wird.
Interview: Ramona Forchini
Im Winter zählen Skitouren zum Trainingsprogramm. Hier wird die Grundlage gelegt um die Trainingscamps im Frühjahr optimal zu nutzen.
Wie sieht dein Wintertraining aus? 
Ich bin häufig auf den Langlaufskis, Tourenskis oder zu Fuss unterwegs. Im Dezember startet das erste Nationalmannschaftscamp in Barcelona. Dort hat die Fahrtechnik Priorität, bevor wir dann im Januar in Gran Canaria im Grundlagencamp weilen. Im Februar geht es für mich bereits mit den ersten Vorbereitungsrennen los.
In welchen Bereichen würdest Du Dir mehr Unterstützung wünschen? 
Das ist definitiv in Sachen Sponsoring/Finanzierung. Nebst der Unterstützung meines Teams «jb BRUNEX Superior Factory Racing», bin ich auf private Sponsoren angewiesen, damit ich mich über Wasser halten kann. Nebst der Unterstützung meiner Sponsoren habe ich auch einen Gönnerclub. Dort gibt es Menschen, die mich mit einem jährlichen Obolus unterstützen, damit ich meine Ziele erreichen kann. Aber trotzdem: Es ist ein enorm schwieriger Bereich. Eine Siegfahrerin erhält natürlich Möglichkeiten und Türen, die sich öffnen. In meinem Bereich musst du kämpfen, um nicht unterzugehen. Einerseits finde ich das selbständige Managen eine interessante Sache, weil ich direkten Kontakt zum Sponsor habe und über alles Bescheid weiss. Andererseits fehlt oft die Zeit, das Knowhow, die Beziehungen und den Mut, um sich im Sponsoringsektor zurecht zu finden.
Welche Tipps hast Du für Hobby-Mountainbikende, um Abwechslung in das Training zu bringen? 
Das Mountainbiken als solches bietet ohnehin schon viel Abwechslung. Verschiedene Untergründe und freie Wahl an unzähligen Wegmöglichkeiten. Wer aber seine gewohnte Ortschaft noch verlässt, entdeckt Neues und erlebt regelrechte Abenteuer. Unterschiedliche Intensitäten während dem Training bringen zusätzliche Abwechslung. Gruppenrides bringen noch mehr Spass in das Training. 

Mehr Infos zu Ramona Forchini: https://www.ramonaforchini.com/
Foto: Dionysius Hungerbühler
Interview: Ramona Forchini

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